Juliane Bogner-Strauß lebt in Graz, hat aber südsteirische Wurzeln. Ihre Familie besitzt das Weingut Strauß in Gamlitz. Seit Jänner ist die dreifache Mutter Ministerin für Frauen, Familien und Jugend. Ihr Ziel: Frauen noch stärker zu fördern, die Jugend zu hören und zu verstehen und Entlastungen für Familien sicherzustellen.
Die Zeit der Ministerin ist sehr kostbar. An einem Samstag Abend nimmt sie sich dennoch Zeit für ein Interview im stylisch-gemütlichen Verkostungsraum im heimatlichen Weingut Strauss vulgo Schober. Ihre Eltern Juliane und Karl Strauß wie auch ihre Brüder Karl und Gustav, die das Weingut gemeinsam führen, sind sehr stolz auf sie und haben sich gerne für ein Familienfoto eingefunden.
Die 47-Jährige besuchte die Volksschule Gamlitz und wechselte danach ins Gymnasium der Ursulinen in Graz. Schon mit 17 hatte sie ihre eigene kleine Wohnung. „Ich finde, frühe Selbständigkeit ist ein großer Vorteil, es bestand aber auch ein Grundvertrauen zwischen meinen Eltern und mir.“
Juliane studierte Chemie, habilitierte im Bereich Molekularbiologie und Genomik und machte Karriere als Biochemikerin. Seit 2013 war sie Professorin am Institut für Biochemie der Technischen Universität Graz und zuletzt stellvertretende Institutsleiterin. Erste internationale Erfahrungen sammelte sie bei Studienaufenthalten in den Niederlanden und in den USA.
Auf meine Frage, wie es ihr gehe und wie oft sie es jetzt noch in ihre Heimat schaffe, kommt es voller Energie: „Mir geht’s total gut. Gearbeitet habe ich ja vorher in der Wissenschaft schon extrem viel. Es gibt jetzt nur mehr Abendtermine, und da versuche ich meiner Familie zuliebe, diese auf 2 – 3 wöchentlich zu beschränken. Das funktioniert gut. Und in die Südsteiermark komm‘ ich zumindest einmal monatlich.“
Juliane versteht es sehr gut, Kinder, Beruf und Freizeit zu organisieren. „Ich hatte das schon vorher super geregelt und mein Mann und ich haben ein gutes Zeitmanagement. Erik ist bei der AVL und ebenso viel unterwegs.“ Eine große Hilfe ist ihr jetzt schon ihr ältester Sohn Julian, der demnächst 19 Jahre alt wird – Artur ist 6 Jahre alt, Johanna wird 10. „Außerdem haben wir ein super Netzwerk aus Familie und Freunden.“
Die neue Ministerin verrät, dass sie keine Sekunde gezögert hat, als sie von Sebastian Kurz gefragt wurde. „Das Gefühl, raus aus der Politikverdrossenheit und mit ihm etwas ändern und bewegen zu können, war einfach super.“ Ganz fremd war ihr die Politik ja nicht, „war doch mein Papa im Gemeinderat.“ Mit dem Ressort Frauen, Familien und Jugend ist sie sehr zufrieden. „Ich finde es großartig und ich denke, dass es ein Ressort ist, in welchem man ganz viel machen kann. Wissenschaft hätte mich natürlich auch extrem interessiert“, ergänzt sie noch mit einem Schmunzeln.
Zielgerichtetes Arbeiten war sie bereits als Wissenschaftlerin gewohnt. „So versuche ich nun auch in der Politik zu arbeiten. Ich überlege mir im Vorfeld schon sehr genau, wie ich Themen anfassen kann, um sie gut und schnell umzusetzen.“
Ich spreche Juliane auf die extrem hohe Erwartungshaltung an, wie sie mit Kritik umgeht und erfahre: „Kritik sehe ich als etwas Positives. Von der Wissenschaft bin ich es gewohnt, an Grenzen zu gehen und zu versuchen, Neues zu machen.“
Auf meine Frage, wie sie sich identifizieren kann, dass sie von ihrem Umfeld als Vorzeigefrau und Familienmensch, als bodenständig, zielstrebig, diszipliniert und werteorientiert bezeichnet wird, erklärt sie lächelnd, dass unbedingt ‚unkompliziert‘ und ‚konsequent‘ noch dazu gehöre. „Geht ned gibt’s ned. Das ist auch das Motto meines Mannes und deshalb hat das immer super funktioniert.“
Ich hake nach und möchte von ihr wissen, ob es eine Eigenschaft gibt, die ihr bei ihren politischen Aufgaben zugute kommt, und erfahre: „Ja. Ich glaube, dass ich sehr dialogbereit bin. Ich schaue mir gerne alle Seiten an, auch die, die Kritik üben, denn meist gibt es ja einen Grund dafür. Mein Motto ist: Zusammen setzen und drüber reden, mit allen.“
Besonders am Herzen liegen der sympathischen Ministerin folgende Themen: „Die Verringerung des Gender Pay Gap, mehr Chancengleichheit, gleicher Lohn bei gleichwertiger Arbeit, und Gewaltprävention. Es ist unvorstellbar, wieviele Gewalttaten in Österreich passieren, z.B. 13 Sexualdelikte pro Tag an Frauen, das ist extrem schlimm. Auch Gender Medizin ist auch ein großes Thema, da gibt es viel Aufholbedarf.“ Sehen Sie Licht am Horizont, frage ich sie: „Auf jeden Fall.“
Frauen möchte sie eines vermitteln: Wahlfreiheit. „Ich selbst habe meine Kinder früh in die Betreuung gegeben. Mir war bewusst, in die Wissenschaft muss ich sofort wieder zurück, sonst verliere ich den Anschluss. Frauen sollten aber schon die Möglichkeit haben, zu Hause zu bleiben, wenn sie wollen. Ganz wichtig ist mir dabei, ein Bewusstsein zu schaffen: denn Frauen müssen sich klar sein, was es für sie bedeutet, wenn sie ein paar Jahre zu Hause bleiben und dann in Teilzeit gehen. Lt. Aktueller Statistik sind 50 % der Frauen in Österreich in Teilzeit, 1994 waren es nur 25 %.“
Viel Zeit verbringt Juliane auch damit, sich in verschiedene Bereiche einzulesen. Mit ihrem fröhlichen Lachen meint sie: „Ich lese 40 Romane im Jahr, das ist mein einziges Hobby neben dem Saunieren. Jetzt lese ich allerdings sehr viele Seiten an Sach-Informationen und europaweiten Berichten. Wir haben heuer ja die EU-Ratspräsidentschaft und da möchte ich schon gut informiert sein. Aber da habe ich einen extremen Startvorteil, denn schon in der Wissenschaft musste ich extrem viel lesen.“
Frauenquoten findet sie in gewissen Themenfeldern ganz wichtig. „Man kann das nicht auf alle runterbrechen, aber ich finde die 30 % für Aufsichtsräte bei großen Firmen einen großen Schritt, jetzt sind wir bei 18 %.“
Ihren Kindern möchte sie Toleranz mitgeben. „Bei Kindern funktioniert das aber eh, sie sind unvoreingenommen. Mitgeben möchte ich ihnen auch traditionelle Werte wie Toleranz und Offenheit – das ist mir wichtig.“
Sie erinnert sich noch an ihr ‚Landleben‘. „Ich war schon 7 oder 8 Jahre alt, als der erste Fernseher ins Haus kam, und früher mussten wir auch 2 km weiter zu einem Telefon gehen, wo wir unsere Weinbestellungen entgegen nehmen konnten. Heute verbrauchen wir viel Zeit, um 5mal anzurufen und mitzuteilen, dass wir eh pünktlich kommen.“
Als ich von ihr wissen möchte, ob ihr die neue Aufmerksamkeit auch schon mal lästig gefallen sei, meint sie wieder herzlich lachend: „Lästig war es, Einkaufen gehen zu müssen, weil mein Kleiderkasten für diesen Job zu schlecht bestückt war. Aber jetzt habe ich schon gut nachgerüstet.“
Auf einen Plan B in ihrem Leben angesprochen, meint Juliane wieder lachend: „Wenn es auf der Uni nix geworden wäre, hätte ich eine Schmankerlstube eröffnet. Die gibt’s jetzt bei mir zu Hause. Ich backe keine Kuchen, aber ich liebe es zu kochen.“ Beim Essen achtet sie auf Ausgewogenheit.“ Zeit für sich selbst hat sie wenig. „Ich gehe gerne in die Sauna und die Zeit zum Lesen nehme ich mir. Zweimal in der Woche trainiere ich eine Stunde am Ergometer. Entspannen kann ich gut beim Weggehen mit Freunden, wenn ich mit den Kindern ‚Mensch ärgere dich nicht spiele‘ oder an einem Sommerabend mit meinem Mann gemütlich auf der Terrasse sitze.“ Und das natürlich mit einem herrlichen Glas Wein vom Weingut Strauß.
Großes Beitragsfoto: Ministerin Juliane Bogner-Strauß (Foto Parlamentsdirektion/PHOTO SIMONIS)