Christina Merlini – ich brauche Herausforderungen

Aus der Reihe „Frauen und Technik“ in Kooperation mit der Industriellenvereinigung Steiermark: Christina Merlini, Prokuristin und Leiterin Bereich Personal und Kommunikation der „rm“, der Radkersburger Metal Forming. 

Christina Merlini ist Prokuristin und Leiterin der Bereiche Personal und Kommunikation der „rm“, der Radkersburger Metal Forming (Foto privat) 
Christina Merlini ist Prokuristin und Leiterin der Bereiche Personal und Kommunikation der „rm“, der Radkersburger Metal Forming (Foto privat) 

Im Leben von Christina Merlini passt ganz gut das alte Sprichwort: Der Mensch denkt – Gott lenkt. Die gebürtige Radkersburgerin ist Prokuristin und Leiterin des Bereiches Personal und Kommunikation der „rm“, der Radkersburger Metal Forming, dem europaweit gefragten Spezialisten in Sachen Blechumformung. Und Ende des Jahres macht sie ihren Rauchfangkehrer-Meister. Aber das war so nicht geplant. 

Christina Merlini studierte an der FH Joanneum Journalismus und Unternehmenskommunikation. „Ich habe zuerst BWL studiert, aber als ich 2002 die erste Ausschreibung an der FH für dieses Studium las wusste ich, das interessiert mich, da muss ich mich bewerben.“ Sie begann ihr Berufsleben zunächst als Journalistin, später war sie in einer PR-Agentur tätig, und sie liebte es zu moderieren. Es war nie vorgesehen, in den elterlichen Betrieb einzusteigen, bis ein schlimmer Schicksalsschlag 2010 alles veränderte: ihr Bruder Gregor verstarb nur 33-jährig bei einem Unfall. „Das war der Grund, warum ich 2011 operativ in der „rm“ tätig wurde, der damaligen „Radkersburger Metallwarenfabrik GmbH“. Ihr Vater übernahm bis zu seinem Tod 2017 wieder die Geschäftsführung und gemeinsam standen sie die folgenden harten Jahre durch. „Mein Bruder hatte stark investiert und expandiert und bedingt durch eine restriktive Bankenpolitik mussten wir 2012 leider Insolvenz anmelden. Mit neuen Mitgesellschaftern ist der Turn-Around gelungen.“

Christina Merlini erzählt mir bei unserem Treffen, dass ihr in der Metallbranche kaum Frauen begegnen, weder auf der Eigentümerseite noch in operativen Bereichen (Foto Reinhard Sudy)
Christina Merlini erzählt mir bei unserem Treffen, dass ihr in der Metallbranche kaum Frauen begegnen, weder auf der Eigentümerseite noch in operativen Bereichen (Foto Reinhard Sudy)

Mit einem leichten, etwas traurigen Lächeln meint Christina Merlini: Es kommt oft anders, als man denkt, aber man wächst in die Aufgabe hinein. Ich kann jetzt natürlich meine Marketing- und Kommunikationskenntnisse sehr gut einsetzen. Das Personalwesen war aber ganz neu für mich. Ich hatte auch keine technischen Kenntnisse, aber wenn man täglich damit zu tun hat, lernt man die Dinge zu verstehen und ich habe mich auch schulen lassen. So kann ich auf den großen Metallwaren-Messen durchaus über das Know how unserer Firma sprechen. Für heikle technische Fragen stehen natürlich unsere Techniker zur Verfügung.“

In der Metallbranche begegnen ihr kaum Frauen, weder auf der Eigentümerseite noch in operativen Bereichen. Probleme oder unangenehme Situationen in dem stark männer-dominierten Umfeld hatte sie aber noch nie. „Bei beruflichen Gesprächen denke ich nicht daran, ob mir eine Frau oder ein Mann gegenübersteht. Und in unserer Produktion habe ich in den Ferien immer schon mitgearbeitet. Deshalb kennen mich unsere älteren Mitarbeiter schon von Kindheit an. Wir haben ein gutes, respektvolles Verhältnis.“

Christina Merlini, Prokuristin der „rm“, der Radkersburger Metal Forming: "Unternehmerisches Denken war in unserer Familie immer da und ich mache meine Arbeit wirklich mit Leidenschaft: Sie ist für mich eine Herzenssache.“ (Foto Reinhard Sudy)
Christina Merlini, Prokuristin der „rm“, der Radkersburger Metal Forming: „Unternehmerisches Denken war in unserer Familie immer da und ich mache meine Arbeit wirklich mit Leidenschaft: Sie ist für mich eine Herzenssache.“ (Foto Reinhard Sudy)

Trotz vieler beruflicher Höhen und Tiefen „habe ich immer gewusst, dass das Know how des Unternehmens, das die Mitarbeiter über Jahrzehnte entwickelt haben, außergewöhnlich ist.“ Nach 60 Jahren in Familienhand ist jetzt mit Minderheitenbeteiligung der Familie ein Industrieunternehmen geworden, auch eine spannende Erfahrung für die innovative Prokuristin. „Unternehmerisches Denken war in unserer Familie ja immer da und ich mache meine Arbeit wirklich mit Leidenschaft: Sie ist für mich eine Herzenssache.“ Stolz erzählt sie, dass sie jetzt wieder auf einem guten Weg sind, auch durch den großen Auftrag für den Porsche Panamera. „Nach jahrelanger Entwicklung mit unserem Kunden Continental haben wir ein Dreikammern-Luftsystem entwickelt, das den Fahrkomfort erhöht.“ Professionell erzählt sie weiter, dass mit nur einer Schweißnaht eine hohe Qualitätssteigerung erzielt werden konnte. „Das ist die jüngste Innovation und Entwicklung, die bei uns im Haus stattgefunden hat, ein Meilenstein in unserer Geschichte. Wir machen im Zulieferbereich von der Skizze bis zum fertigen Produkt alles, aber nur B2B und auf Auftrag eines Kunden. Unser technisches Know how ist unsere Stärke.“ Auch für Christina Merlini ist klar, dass man in Europa in der Industrie nur noch mit Innovation punkten und Standorte absichern kann.

Zur Entwicklung eines neuen Dreikammern-Luftsystems erklärt Christina Merlini stolz: "Das ist die jüngste Innovation und Entwicklung, die bei uns im Haus stattgefunden hat, ein Meilenstein in unserer Geschichte." (Foto Reinhard Sudy)
Zur Entwicklung eines neuen Dreikammern-Luftsystems erklärt Christina Merlini stolz: „Das ist die jüngste Innovation und Entwicklung, die bei uns im Haus stattgefunden hat, ein Meilenstein in unserer Geschichte.“ (Foto Reinhard Sudy)

Auf ihre Doppelrolle als Miteigentümern und Mitarbeiterin angesprochen, erklärt Christina Merlini, die sich selbst als loyal, offen und fröhlich, aber sehr ungeduldig bezeichnet: „Ich bin einerseits angestellt und habe einen Geschäftsführer, der mir Weisungen geben kann, andererseits halten wir einen Drittelanteil des Unternehmens. Aber wir haben eine gut funktionierende Basis gefunden.“ Führungskraft ist sie im Bereich Personal. „Personalentwicklung macht mir Spaß und Lehrlingsausbildung hat eine lange Tradition bei uns.“ 

Seit Oktober 2017 ist sie auch Rauchfangkehrer-Gesellin und wird heuer noch die Meisterprüfung machen. Stolz erzählt sie: „Wir haben diesen Betrieb in fünfter Generation. Mein Ur-Urgroßvater kam aus der italienischen Schweiz nach Österreich, lernte in Wien Rauchfangkehrer und eröffnete das Geschäft in Bad Radkersburg.“

Christina Merlini ist verheiratet und hat zwei Kinder. Auf meine Frage, wie sie Familie und Beruf schafft, meint sie sehr ehrlich: „Es ist ein ewiger Kampf und ich finde, dass es diese absolute Balance, wo alle immer zufrieden sind, nicht gibt. Ich habe es mir aber so eingeteilt, dass es für mich noch passt, und werde von meiner Mutter sehr unterstützt. Ein Vorteil sind die Strukturen einer kleinen Stadt wie Bad Radkersburg, wo Vincent (6) nur eine Minute zum Kindergarten hat und Gloria (9) zu Fuß in die Volksschule gehen kann.“

Christina Merlini hat viele Interessen, aber moderieren und PR ist nach wie vor eine große Leidenschaft und auch ein Ausgleich zur ihrer fordernden Arbeit (Foto Philipp Podesser)
Christina Merlini hat viele Interessen, aber moderieren und PR ist nach wie vor eine große Leidenschaft und auch ein Ausgleich zur ihrer fordernden Arbeit (Foto Philipp Podesser)

Ein ‚normaler‘ Arbeitstag beginnt bei ihr um 5.30 Uhr. „Da bin ich bei den Rauchfangkehrern zur Tagesbesprechung, dann mache ich meine Kinder fertig und fahre anschließend in die Firma. Nachmittags bin ich zumeist zu Hause, wo ich aber oft abends noch arbeite. Eine große Hilfe ist auch ihr Mann, der „ein großer Familienmensch ist. Er arbeitet natürlich auch sehr viel, aber wenn er zu Hause ist, bringt er sich bei den Kindern extrem ein. Wir bemühen uns, so viel Zeit wie möglich gemeinsam zu verbringen.“ Ihren Kindern möchte sie mitgeben, dass sie sich selber treu bleiben und das machen sollen, was ihnen Spaß macht. Das ist ihr sehr wichtig, denn ihr selbst wurde durch den überraschenden Tod ihres Bruders stark bewusst, wir kurz das Leben sein kann. „Ich will es nicht verschwenden mit Dingen, die mir absolut keinen Spaß machen – und meine Familie und Arbeit machen mir Spaß.“

Zeit für sich selbst bleibt wenig. Doch einmal wöchentlich versucht sie Sport zu machen. „Ich habe viele Interessen, die ich im Moment aber wenig ausleben kann, wie lesen, reisen, etwas gestalten. Moderieren und PR ist nach wie vor eine Leidenschaft und ein Ausgleich. Mir sind Herausforderungen wichtig und deshalb bin ich einfach neugierig, was noch alles auf mich zukommt. Und mich mit meinen Freundinnen zu treffen, ist mich auch sehr wichtig. Denn wer bleibt Dir denn in schlechten Zeiten und gibt dir Kraft: Familie und Freundinnen.“

Großes Beitragsfoto: Christina Merlini, Prokuristin und Leiterin Bereich Personal und Kommunikation der „rm“, der Radkersburger Metal Forming (Foto Reinhard Sudy) 

www.radkersburger.com 

 

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