Andreas Schmied: Ich möchte mit jedem Film etwas ganz Neues machen

Premiere "Hals über Kopf" im Grazer Schubertkino unter der Regie von Andreas Schmied. (Foto Hedi Grager)Der erfolgreiche und vielseitige Regisseur und  Drehbuchautor Andreas Schmied feiert große Erfolge mit seinen Filmen wie Love Machine, Klammer – Chasing the Line und Rubikon. Gerade lief seine Komödie Hals über Kopf und er freut sich auf die Premiere von Pulled Pork mit Pizzera & Jaus, der am 6.10. österreichweit ins Kino kommt. „Ich möchte mit jedem Film etwas ganz Neues machen.“

Andreas Schmied studierte Anglistik und Germanistik in Graz und führte schon während des Studiums unter anderem Regie an Off-Theatern, war als Filmeditor und Aufnahmeleiter tätig. 1997 gründete er die Filmschmiede, mit der er u.a. Image- und Musikvideos produzierte. Seit 1998 lebt er mit seiner Frau – sie ist Schriftstellerin und Drehbuchautorin – und seinem Sohn in Wien. 2001 gründete er Sofa Safari TV Produktion und produzierte unter anderem Promotionvideos und TV-Shows.

Sein Langspielfilmdebüt hatte Andreas Schmied 2013 mit Die Werkstürmer mit Michael Ostrowski und Hilde Dalik in den Hauptrollen. Er schrieb dafür das Drehbuch und führte auch selbst Regie. Beim Austin Film Festival wurde er dafür 2014 mit dem Publikumspreis in der Kategorie bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet, außerdem war er mit dem Drehbuch für den Thomas-Pluch-Drehpreis nominiert.

Beim Filmfestival Kitzbühel wurde 2022 der Produktionspreis an den österreichischen Sciencefiction-Film RUBIKON vergeben. Andreas Schmied und Loredana Rehekampff (2. + 3. von links). (Foto Samsara Film)
Produktionspreis an den österreichischen Sciencefiction-Film RUBIKON vergeben. Andreas Schmied und Loredana Rehekampff (2. + 3. von links). (Foto Samsara Film)

Für Schauspieler gilt die Komödie als Königsdisziplin, und auf meine Frage, ob dies auch für Regisseure gilt, meint Andreas: „Ich glaube, dass das tatsächlich für alle Beteiligten bei einer Komödie gilt. Sie braucht vom Drehbuch angefangen eine hohe Schlagkraft, muss eine humoristische, dramatische Grundsituation haben und Figuren, die sich dafür eignen. Es braucht Schauspieler, die das auf inhaltlicher Ebene verstehen. Als Regisseur muss ich drauf schauen, dass ich alle zusammenhalte und dass daraus zum Schluss ein Spielfilm wird. Die Gefahr besteht immer, dass man verblödelt und in Wahrheit nicht genau genug ist.“ Seiner Meinung nach ist Komödie schwierig, „weil man sehr sehr genau sein und drauf achten muss, dass man innerhalb der Schranken von Genauigkeit den Mitwirkenden die größtmögliche Freiheit gibt. Das ist für mich die Herausforderung an diesem Genre.“

Regisseur Andreas Schmied kam zur Premiere von "Hals über Kopf" ins Grazer Schubertkino. Im Bild mit Journalistin Hedi Grager, www.hedigrager.com. (Foto privat)
Regisseur Andreas Schmied kam zur Premiere von „Hals über Kopf“ ins Grazer Schubertkino. Im Bild mit Journalistin Hedi Grager, www.hedigrager.com. (Foto privat)

Der Drehbuch-Autor
Wie fast alle Drehbücher hat der Steirer auch das für die Komödie Hals über Kopf selbst geschrieben. „Dabei habe ich sehr darauf geachtet, dass es eine Geschichte ist, die immer weiter und weiter eskaliert und man das Gefühl hat, es wird noch eines und noch eines draufgelegt. Ich habe auch versucht, dem Publikum von Anfang an zu signalisieren, dass es bis zu einem gewissen Grad immer schräger, immer verrückter und auch märchenhafter wird. Und das Ende ist sehr märchenhaft. Beginnt der Film eigentlich sehr realistisch, wird er mit zunehmender Laufzeit immer witziger und auch immer schneller. Das habe ich im Drehbuch schon so angelegt und bei der Inszenierung dann versucht, das Tempo immer weiter anzuziehen, indem ich die Schlagzahl, die Geschwindigkeit der Dialoge einfach auch erhöht habe. Das kann man von der Screwball Comedy aus den 1930ern, 1940ern lernen. Das Publikum merkt hier, dass über sehr exakte Bewegungen, sehr exakte Dialoge und ganz exakte Pausen sehr viel passiert. Und das ging mit dem Otto (Jaus) und der Miriam (Fussenegger) sehr gut. Er hat als Musiker ein wahnsinniges Rhythmusgefühl und die Miriam ist einfach eine tolle, klassisch ausgebildete Schauspielerin, die meiner Meinung nach wirklich alles spielen kann“ begeistert sich Andreas.

"Hals über Kopf"-Premiere im Grazer Schubertkino: ORF-Steiermark-Kulturchef Gernot Rath, Regisseur Andreas Schmied, Schauspieler Patrick Seletzky, Dirk Riessberger und Otto Jaus. (Foto Hedi Grager)
„Hals über Kopf“-Premiere im Grazer Schubertkino: ORF-Steiermark-Kulturchef Gernot Rath, Regisseur Andreas Schmied, Schauspieler Patrick Seletzky, Dirk Riessberger und Otto Jaus. (Foto Hedi Grager)

Eine spontane Harmonie
Zwischen den beiden Hauptdarstellern Otto und Miriam war eine sofortige Harmonie spürbar. „Wir alle haben uns getroffen und beide haben verstanden, was ich mit meinem Film vorhabe, dass er ganz anders als meine anderen Filme ist. Ich versuche, mich halt nicht zu wiederholen, außer bei Love Machine 2, der natürlich eine Fortsetzung sein und sich so anfühlen soll wie Love Machine 1. Ansonsten versuche ich wirklich, mit jedem Film etwas ganz Neues zu machen.

Am 6. Oktober kommt ja Pulled Pork mit Pizzera und Jaus heraus. Das ist zwar auch komödiantisch, aber der ist ein viel härterer und tafferer Film, der auf eine ganz andere Art und Weise erzählt. Ein bisschen Crime Film und ein bisschen Film Noir.“

Andreas erzählt interessant weiter, dass sein Film Hals über Kopf für ihn insofern eine Herausforderung war, weil er technisch sehr anspruchsvoll war und er gleichzeitig den Schauspielern so viel Raum wie möglich geben wollte. „Sie sollten nicht nur auf Marken achten und sich mit Kamerapositionen abquälen müssen.“

Andreas hat Otto Jaus auf die Rolle angesprochen, nachdem er ihn in Romeo & Julia bei Michael Niavarani gesehen hat. „Ich wusste damals nicht, dass er von Pizzera & Jaus ist, die damals zeitgleich ihr erstes Musikvideo drehten und noch nicht so berühmt waren. Ich dachte, was ist das für ein interessanter junger Schauspieler, wahnsinnig talentiert und witzig. Das sieht man nicht alle Tage. Ich bin dann hinter die Bühne und habe Niavarani gefragt, wer da seinen Sohn spielt“, lacht Andreas. „Er hat mir Otto vorgestellt und ich habe zu ihm gesagt: ‚Du, ich habe einen Film und ich glaube, in dem bist du der Richtige für die Hauptrolle‘. Otto hat sich damals wahrscheinlich gedacht, was hat denn der für einen Vogel, wer ist das überhaupt“, lacht der erfolgreiche Regisseur wieder. Es dauerte, bedingt durch Corona, noch fast vier Jahre bis zu diesem Film. „Inzwischen sind Pizzera & Jaus immer berühmter geworden, was für den Film selbst auch einen Vorteil hatte. Als die Finanzierung stand, habe ich ihn angerufen, mich in Erinnerung gebracht und gesagt, es ist immer noch Deine Rolle und wenn Du sie haben willst, dann hast sie jetzt.“ Und Otto Jaus wollte.

"Hals über Kopf"-Premiere im Grazer Schubertkino: Regisseur Andreas Schmied, Schauspieler Patrick Seletzky, Dirk Riessberger und Otto Jaus sowie ORF-Steiermark-Kulturchef Gernot Rath. (Foto Hedi Grager)
„Hals über Kopf“-Premiere im Grazer Schubertkino: Regisseur Andreas Schmied, Schauspieler Patrick Seletzky, Dirk Riessberger und Otto Jaus sowie ORF-Steiermark-Kulturchef Gernot Rath. (Foto Hedi Grager)

Chance für Junge
Sehr gerne gibt Andreas aber auch Jungschauspielern eine Chance. „Ich habe da zwei Strategien. Ich selbst war ja nie auf der Filmakademie und habe ohne entsprechende Ausbildung 2012 mit den Werkstürmern eine Chance bekommen. Man hat an mich geglaubt, obwohl ich noch keine Kurzfilme gedreht hatte. Sie dachten sich wohl, der hat ein gutes Drehbuch geschrieben und der Michael Ostrowski will mitspielen. Also Augen zu und durch“, lacht Andreas wieder.  „Deshalb versuche ich bei jedem meiner Filme einem „Erstling“ eine Chance zu geben, egal ob es eine Szenenbildnerin oder Cutterin ist, die zum ersten Mal schneidet. Beispielsweise hat bei Hals über Kopf ein Cutter seinen ersten Film geschnitten.

Gleichzeitig versuche ich, wenn ich glaube, dass die Hauptdarsteller genug Menschen ins Kino oder vor die Fernsehschirme ziehen, andere Rollen mit Unbekannten zu besetzen. Bei Klammer – Chasing the Line, der mit Beteiligung von ORF und Servus TV entstand, gab es viele Gespräche, welche Stars das spielen könnten. Für mich war aber immer klar, dass in diesem Fall die Geschichte der Star ist. Ich wollte, dass die Menschen sich wieder zurückversetzt fühlen bis ins Jahr 1976. Es war schön, dass man mir vertraute, als ich mich für den absoluten Newcomer Julian Waldner oder Valerie Huber entschied, die damals noch nicht durch ihre Netflix Serie bekannt war. Ich finde, immer wieder neue Gesichter dabei zu haben ist wichtig und es hilft, dass sich das Publikum besser mit der Geschichte identifiziert – weil eben nicht in jeder Nebenrolle ein bekannter Schauspieler vorkommt“, ist sich Andreas sicher. 

"Hals über Kopf"-Premiere im Grazer Schubertkino: Regisseur Andreas Schmied erzählt im Gespräch mit ORF-Steiermark-Kulturchef Gernot Rath über die Entstehung des Films. (Foto Hedi Grager)
„Hals über Kopf“-Premiere im Grazer Schubertkino: Regisseur Andreas Schmied erzählt im Gespräch mit ORF-Steiermark-Kulturchef Gernot Rath über die Entstehung des Films. (Foto Hedi Grager)

In Leoben geboren und in Fohnsdorf aufgewachsen begann Andreas Schmied in Graz mit einem „Studium-Irrtum“, wie er es schmunzelnd nennt. „In der Steiermark gründete ich meine erste Produktionsfirma. Überhaupt habe ich heute einen sehr guten Tag, gesteht er (wir trafen uns bei der Graz-Premiere seines Films „Hals über Kopf“ im Schubert-Kino). Ich hatte heute eine große Präsentation unserer ersten Amazon Prime-Serie, die meine Frau entwickelt hat und bei der ich Regie führe und Co-Produzent bin. Dann die schöne Premiere meines tollen Kinofilms hier, auf den ich sehr stolz bin, und grad habe ich erfahren, dass ich mit unserem Science-Fiction-Film Rubikon, den ich mit meiner Partnerin Loredana Rehekampff in der Samsara Filmproduktion produzierte, für fünf österreichische Filmpreise nominiert wurde. Heute ist also für mich ein sehr sehr guter Tag und ich habe besonders gute Laune“, lacht er wieder. Es ist für mich schön, diesen Moment mit Andreas zu teilen.

Regisseur Andreas Schmied gibt sehr gerne jungen Talenten eine Chance. (Foto Hedi Grager)
Regisseur Andreas Schmied gibt sehr gerne jungen Talenten eine Chance. (Foto Hedi Grager)

30er-Krise
Mit seiner ersten Firma Filmschmiede machte Andreas überwiegend Imagefilme und Musikvideos. Da er sehr viele Aufträge in Wien bekam, siedelte er nach Wien um. „Dort habe ich dann die Produktionsfirma Sofa Safari gegründet und für ATV, Tele5 und RTL2 Shows und Fernsehformate produziert. Das habe ich gemacht, bis ich 30 Jahre alt war. Mit der 30er-Krise kam der Wunsch, Filmemacher zu werden, was ich immer schon machen wollte. Ich sagte mir, wenn ich jetzt mit 30 nicht eine Lebens-Weiche stelle, Drehbücher schreibe und Filmregie ausprobiere, dann werde ich das mein Leben lang bereuen.“ Sehr offen erzählt er weiter, dass das eine seiner bisher härtesten Entscheidungen seines Lebens war, seine Produktionsfirma aufzulösen. „Ich habe dann mit 30 Jahren wirklich wieder bei Null angefangen. Für die Filmakademie fühlte ich mich zu alt, und außerdem wollte ich keine Arthouse Filme sondern Publikumsfilme machen und Menschen unterhalten. So habe ich mich hingesetzt und habe geschrieben und geschrieben, bis ich ein Jahr später meine ersten Drehbücher als Autor verkaufte. Ungefähr vier Jahre später hatte ich dann die Idee zu Werkstürmer und dachte mir, das gebe ich aber nicht mehr her.“

Im Nachhinein gesehen war es die total richtige Entscheidung von Andreas. „Du kennst das ja, die besten Entscheidungen sind immer die, vor denen man Angst hat. Man muss eigentlich immer dorthin gehen, wo man Angst hat.“ Zwar dachte er, dass er keine Produktionen mehr machen wollte, aber „dann überlegte ich, dass mich Produzenten mich zwar respektvoll behandeln, sie aber mit meinen Drehbüchern gut verdienen. Zu dieser Zeit habe ich glücklicherweise Loredana Rehekampff getroffen. Sie erinnerte mich sehr an die Frauen in meiner Familie und es war, als würden wir uns schon ewig kennen“, lacht Andreas. „Sie wollte eine Produktionsfirma gründen, worauf ich meinte, machen wir das doch gemeinsam. Das ist jetzt fünf Jahre her, seit wir die Samsara Filmproduktion gründeten und wir haben bereits drei Spielfilme produziert und dafür Auszeichnungen erhalten.“

(Foto www.samsarafilm.at)
Foto www.samsarafilm.at)

Aktuell hat Andreas gerade die Amazon Prime Serie Mandy und die Mächte des Bösen abgedreht, die Ende des Jahres rauskommt. „Es ist eine Horror-Comedy für Teenager und wir hatten wahnsinnigen Spaß gehabt beim Dreh“, schmunzelt er gutgelaunt. „Wir sind jetzt bei der Postproduktion von Pulled Pork, auch eine Produktion der Samsara. Und dann wartet noch die erste Linzer ORF-Stadtkomödie Heribert im Herbst auf Ausstrahlung. Diese habe ich gemeinsam mit meiner Frau Elisabeth geschrieben. In dieser Start-up-Komödie geht es um die Ars Electronica und diesen Mikrokosmos, der hoffentlich sehr sympathisch und amüsant auf die Schippe genommen wird.“  Darüber hinaus freut er sich über mehrere Angebote, darunter einen Auftrag von einer britischen Firma. „Meine Schwester Petra lebt in London und deshalb bin ich sowieso öfters dort.“ 

Als ich ihn auf Erholung anspreche, meint er: „Ich bin seit 22 Jahren sehr sehr glücklich verheiratet mit einer Frau, die nicht nur sehr lustig sondern auch sehr klug ist und sehr gut auf mich schaut“, schmunzelt Andreas. „Wir haben gemeinsam einen 14-jährigen Sohn und ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie. Dabei kann ich am besten abschalten. Meist machen wir gar nichts Besonderes und es kann passieren, dass wir statt eines geplanten Urlaubs zu Hause bleiben und Ausflüge rund um Wien machen. Und es gibt noch etwas, was mich wirklich inspiriert, entspannt und Kraft gibt: die Filmliste abzuarbeiten. Ich habe eine Buch- und eine Filmliste, die ich mir zu Hause ansehe. Da sitze ich dann oft tagelang auf der Couch und schau mir 3 oder 4 Filme am Tag an. Das entspannt mich, weil ich sie nicht nur aus beruflichen Gründen, sondern auch zur Unterhaltung anschaue.“

Großes Beitragsfoto: Regisseur Andreas Schmied. (Foto Anna Hawliczek)

www.samsarafilm.at      

 

 

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