Judith Altenberger: „Wenn ich etwas mache, dann richtig“

Judith Altenberger. (Foto Polly Rola // Pollygraphy)Die jüngere Schwester der Schauspielerin Verena Altenberger war schon von Kindheit an sehr musikalisch, tanzte sehr gerne und trieb sehr viel Sport. Im Kinofilm „Breaking the Ice“, der ab 25. November in den Kinos läuft, ist sie eine Eishockey-Spielerin.

"BREAKING THE ICE" mit Judith Altenberger und Alina Schaller ab 25. November im Kino. (Foto Filmladen Filmverleih)
„BREAKING THE ICE“ mit Judith Altenberger und Alina Schaller ab 25. November im Kino. (Foto Filmladen Filmverleih)

Die vielseitige Schauspielerin, die auf einem Bauernhof aufwuchs, hatte das Glück, dass ihre Eltern sie in ihren kreativen Begabungen schon von Kindheit an unterstützten, erzählt Judith bei einem gemütlichen Plausch in Salzburg. „Ich wollte alle möglichen Instrumente lernen, und meine Eltern haben mich dabei immer gefördert. Und ich hatte mit Verena eine neun Jahre ältere Schwester, die das alles schon früher machen wollte und bei unseren Eltern auch durchgedrückt hatte“, schmunzelt Judith. „Damals war Schauspiel oder Kunst als Hauptberuf noch etwas verpönt.“ Sehr offen erzählt sie weiter: „Wir haben dann beide von unseren Eltern die Auflage bekommen, dass wir erst etwas ‚Gescheites‘ studieren mussten. Deshalb studierte Verena Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Uni Wien und ich Soziologie und Ernährungswissenschaften.“ Als Judith 17 war und Verena schon mit beiden Beinen im Schauspiel-Business stand, war auch für sie Kunst plötzlich eine Option. „Meine Leidenschaften gingen in alle möglichen Richtungen, so waren auch der Bauernhof, Tiere und Landwirtschaft voll mein Ding. Aber da gab es den Tanz, die Musik, den Gesang und die Instrumente – und so rückte Musical in den Fokus.“ Das probierte sie dann am Salzburger Landestheater auch aus, bewarb sich an einigen Schulen und wurde aber nirgends angenommen. „Ich bin halt mehr der Jeans und Shirt-Typ und bin bei jedem Vorsprechen gefragt worden, kannst Du bitte ein Kleid und hohe Schuhe anziehen – und im besten Fall bist du auch noch blond“, erzählt Judith leicht nachdenklich. Irgendwann war sie soweit zu erkennen: „Das passt nicht zu mir, das funktioniert so nicht. Ich wollte auch nicht die nächsten Jahre damit verbringen, kürzere Kleider anzuziehen, und dachte mir, dann mach ich jetzt halt‘ auch Schauspiel“. Sie lacht ihr ansteckend fröhliches Lachen.

Die Schauspielerin Judith Altenberger, die auf einem Bauernhof aufwuchs, studierte auch Soziologie und Ernährungswissenschaften. (Foto Reinhard Sudy)
Die Schauspielerin Judith Altenberger, die auf einem Bauernhof aufwuchs, studierte auch Soziologie und Ernährungswissenschaften. (Foto Reinhard Sudy)

Parallel zu ihrem Studium der Soziologie und Ernährungswissenschaften ging sie zu Castings und zum Vorsprechen, und kam bei einigen Schauspiel-Unis in die Endrunde. „Ludwigsburg wäre in Frage gekommen, aber ich war grad in Wien und wahnsinnig glücklich in dieser Stadt. Ich war am Theater engagiert und wollte das nicht aufgeben. So habe ich weiter Castings gemacht und hatte dann das Glück, mit Clara Stern an eine Regisseurin zu geraten, die diesen Mut hatte, mir als Newcomerin eine Chance zu geben. Sogar das gesamte Ensemble bestand aus Newcomern.“ Ihre Rolle in „Breaking the Ice“ ist eine Hauptrolle, „und ab da ist es leichter gegangen. Ich habe dann bereits bei meiner ersten Kinorolle festgestellt, dass Film viel mehr meins ist als Theater.“ Sie absolvierte eine Schauspielschule und machte eine Sprechausbildung. „Meine Leidenschaft für den Film ist riesengroß. Ich liebe es, eine Rolle vorzubereiten, mich da reinzuhauen, diesen Menschen, diese Figur zu finden, die ja irgendwo in einem ist. Und man lernt sich selbst dadurch so viel besser kennen.“

Judith Altenberger: „Meine Leidenschaft für den Film ist riesengroß. (Foto Polly Rola // Pollygraphy)
Judith Altenberger: „Meine Leidenschaft für den Film ist riesengroß. (Foto Polly Rola // Pollygraphy)

Rollen-Erarbeitung
Aber wie erarbeitest Du eine Rolle, vermischt Du Erlerntes mit dem, was in Dir ist, frage ich Judith. „In „Breaking the Ice“ stelle ich eine Eishockey-Spielerin dar. Ich konnte davor nicht eislaufen, habe das aber beim Casting behauptet“, verrät sie lachend. „Da dann die Dreharbeiten Corona-bedingt verschoben wurden, hatte ich fast zwei Jahre Zeit, diesen Sport zu lernen. Ich war 7 Tage die Woche beim Training am Eis. Denn wenn ich etwas mache, dann richtig. Das ist generell mein Motto im Leben.“

Sie spricht neben einer körperlichen auch die mentale Vorbereitung an für diese Figur, die im Kopf entsteht, die man formt. „Ich glaube, man greift nicht bewusst auf etwas zurück, sondern eher unterbewusst. Ich suche schon nach Passendem von außen und verinnerliche mir das, aber sicher spielt sehr viel Unterbewusstes von mir mit.“

Viel Spaß beim Interview in Salzburg: Hedi Grager und Judith Altenberger. (Foto Reinhard Sudy)
Viel Spaß beim Interview in Salzburg: Hedi Grager und Judith Altenberger. (Foto Reinhard Sudy)

Schauspieler müssen, egal ob auf der Bühne oder vor der Kamera, immer „funktionieren“. Aber wie ist es, wenn Du Dich einmal nicht so gut fühlst, frage ich Judith. „Ich glaube, wir alle haben unsere Techniken, um irgendwie abschalten zu können und in die Rolle zu finden. Bei mir war es bisher immer so, aber ich will es nicht verschreien“, lächelt sie. „Sobald ich am Set bin und spiele, ist mein Fokus total auf meiner Rolle und auf nichts anderes. Wenn es anders wäre, würde sie mir auch keiner abkaufen.“

Gerne spricht sie auch mit ihrer ‚großen‘ Schwester Verena über Rollen. „Gerade bei meiner ersten Rolle war mir Verena eine Riesen-Hilfe. Ich weiß noch, wie ich mit dem Drehbuch zu ihr gegangen bin und sagte ‚und wie mach ich das jetzt?‘ Sie sagte mir dann: ‚Du musst das jetzt total akribisch vorbereiten, wochenlang tagtäglich, und am Set vergisst Du alles wieder, was du vorbereitet hast‘“, lacht Judith. „Das hört man sich halt so an und denkt sich ok. Aber es stimmte dann, war total schlüssig, was sie gesagt hat, und es ist total aufgegangen. Akribisch vorbereiten und dann wieder leer machen, frei machen, um alles zulassen zu können.“ Bei den Vorbereitungen hat man ja kein Gegenüber, aber am Set muss ich mich dann zu 100 % auf mein Gegenüber einlassen können – und das kann man nur, wenn man frei von allem ist.“

Judith Altenberger mit ihrem Papa und ihrer Schwester Verena Altenberger bei einem Event in Salzburg. (Foto Hedi Grager)
Judith Altenberger mit ihrem Papa und ihrer Schwester Verena Altenberger bei einem Event in Salzburg. (Foto Hedi Grager)

Buhlschaft?
Neugierig frage ich Judith, ob sie sich irgendwann die Rolle der Buhlschaft vorstellen könne, worauf sie laut auflacht und meint: „Ich glaube, das wären wahnsinnig große Fußstapfen, in die ich da steigen müsste. Ich bin sehr froh, dass Verena und ich typmäßig so unterschiedlich sind, dass ein Vergleich wahrscheinlich nie hergestellt werden kann. Sagen wir also so, ich will es überhaupt nicht ausschließen, aber ich hätte wahnsinnig großen Respekt davor. Verena hat es schon sehr toll gemacht.“

Sie erinnert sich daran, wie sie im Alter von 14 Jahren mit ihrem Vater und Verena beim Jedermann am Domplatz war. „Ich wusste schon, dass die Festspiele und der Jedermann etwas Großes sind, habe mich aber nie wirklich damit beschäftigt. Ich wusste aber, dass meine Schwester das total gerne einmal spielen würde, und für mich war damals schon klar, dass sie das früher oder später tun würde. Warum auch nicht.“ Voller Energie erzählt sie weiter, „es war so aufregend, als mich Verena dann anrief, als es soweit war.“

Für die Vorbereitung auf eine Rolle sucht Judith Altenberger "nach Passendem von außen und verinnerliche mir das, aber sicher spielt sehr viel Unterbewusstes von mir mit.“ (Foto Polly Rola // Pollygraphy)
Für die Vorbereitung auf eine Rolle sucht Judith Altenberger „nach Passendem von außen und verinnerliche mir das, aber sicher spielt sehr viel Unterbewusstes von mir mit.“ (Foto Polly Rola // Pollygraphy)

Ein Wunsch-Genre hat Judith nicht, sie verrät aber sehr offen, Schwierigkeiten mit Thrillern, Horrorfilmen und Dramen zu haben. „Tatort anzusehen fällt für mich da auch rein.“ Als sie meinen verwunderten Blick sieht, erklärt sie: „Ich muss jede Nacht mit meinem kleinen Hund Gassi gehen und wenn ich mir solche Filme ansah, habe ich große Angst gehabt. Denn es gab Situationen, wo er knurrend stehenblieb und nicht weiterging. Und da er das selten ohne Grund tat, fragte ich mich immer, ob wir schneller gehen oder umdrehen sollten.“ So sah sie sich fast zwei Jahre lang keine solchen Filme mehr an. Das hat ihr geholfen, ihre Angst vor dem Dunklen zu verlieren. Deshalb reizt es sie umso mehr, in so einem Film zu spielen. „Den Hund gibt es noch, aber mittlerweile bin ich so cool und gehe trotz Knurren einfach weiter.“

Spezielle Kenntnisse: Melken und Stunts
Als spezielle Kenntnisse habe ich ihrem Lebenslauf Melken und Stunts entnommen. „Durch meine bisherige sportliche Karriere habe ich z.B. durch das Turnen bewegungsmäßig eine sehr gute Grundausbildung. So konnte ich für meine Schwester bereits diverse Stunts übernehmen, z.B. doubelte ich sie in „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Auch für meine Rolle als Eishockey-Spielerin habe ich alles selbst gemacht, dafür hatten wir einen Eishockeytrainer und einen Stunttrainer vor Ort.“

Im Film „Gesicht der Erinnerung“ war Judith als 16-jähriges Ich von Verena Altenberger zu sehen. „Darin gab es eine Szene, wo ich vom Hausdach springe. Der Stuntkoordinator rief an und frage, ob wir dafür ein Double brauchen. Doch Regisseur Dominik Graf hat gesagt, nein, nein, die Judith macht das schon. Und ich habe es dann auch gemacht,“ lacht Judith fröhlich.

Judith Altenberger beim Filmfestival Kitzbühel 2022 mit Schauspieler Serge Falck (li). (Foto Hedi Grager)
Judith Altenberger beim Filmfestival Kitzbühel 2022 mit Schauspieler Serge Falck (li). (Foto Hedi Grager)

Gerne denkt sie an diesen gemeinsamen Film mit ihrer Schwester zurück. „Wir haben damals fast drei Wochen in derselben Wohnung gewohnt, und verbrachten viel gemeinsame Zeit am Set, da Verena durch ihre vielen Szenen quasi immer am Set war.“ Judith erklärt, dass es schon was anderes ist, wenn die Familie am Set ist, und dann noch mit der eigenen Schwester zu drehen. „Oft habe ich gar nicht gewusst, dass Verena noch da war und hinter dem Monitor saß, und wenn sie dann den Daumen hoch zeigte, war das wunderschön für mich.“

Judith Altenberger mit "BREAKING THE ICE-Regisseurin Clara Stern beim Filmfestival Kitzbühel. (Foto Hedi Grager)
Judith Altenberger mit „BREAKING THE ICE-Regisseurin Clara Stern beim Filmfestival Kitzbühel. (Foto Hedi Grager)

Dass Judith melken kann, hat mich nicht verwundert, da sie ja auf einem Bauernhof aufgewachsen ist. „Es ist aber gar nicht so einfach wie es aussieht“, erklärt sie mir. „Wir hatten zwar eine Melkmaschine, aber man muss etwas vormelken, bevor man diese ansteckt. Dadurch sieht man, ob die Milch auch rein ist“, lerne ich.

Auf meine Frage, ob sie mit #metoo schon einmal konfrontiert worden ist, sagt sie: „Mehrfach, wie wir alle, glaube ich, und ich bin schockiert, wie langsam und wie wenig sich da etwas tut. Jeder erlebt so etwas anders und muss es irgendwie für sich verarbeiten. Leider fehlt oft und Vielen das Bewusstsein, ab wann es zuviel und wo die Grenze ist. Gerade in dem Beruf, in dem man sich auch körperlich so nahekommt, in dem man teilweise schnell über Grenzen gepusht wird, muss in jedem Department ein großes Bewusstsein dafür vorhanden sein, ab wann ist es nimmer ok ist.“ Sie bedauert es auch, dass Freundlichkeit oft missverstanden wird.

BREAKING THE ICE mit Alina Schaller und Judith Altenberger. (Foto _Johannes Hoss / NGF Geyrhalterfilm)
BREAKING THE ICE mit Alina Schaller und Judith Altenberger. (Foto _Johannes Hoss / NGF Geyrhalterfilm)

Auch wenn man seinen Beruf liebt, gibt es natürlich anstrengende Tage. „Nach den vielen Drehs am Eis habe ich mich auf keinen Fall mit Sport entspannt“, lacht Judith fröhlich. „Nach so einem Tag bin ich einfach ins Bett gefallen und war meiner Mitbewohnerin dankbar, dass sie mit meinem Hund den Abendspaziergang gemacht hat. Wenn ich nicht todmüde ins Bett falle, brauche ich Zeit für mich, gehe gerne spazieren und lasse dabei meine Gedanken passieren, was mir sehr hilft.“

Jetzt freut sie sich, dass „Breaking the Ice“ ab 25. November in den Kinos laufen wird. Außerdem begann der Dreh einer neuen Serie „School of Champions“. „im ersten Block übernimmt Dominik Hartl die Regie und im zweiten Johanna Mader. Ich würde sie vielleicht als Krimi-Drama bezeichnen“, schmunzelt Judith.

Großes Beitragsfoto: Judith Altenberger. (Foto Polly Rola // Pollygraphy)

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