Simone Hölzl

Designerin Simone Hölzl  (Foto Simone Hoelzl)Hinter dem Projekt mit dem „verdrehten“ Namen «NIǓ» verbergen sich die Designerinnen Simone Hölzl und Christine Urech. 2012 gewannen sie mit ihrem Tisch und den Hockern «NIǓ» den WoodAward.
Der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) fördert mit dem Woodaward gezielt die Zusammenarbeit zwischen Schreinern und Designern. Schlicht, schön, originell, gekonnt – so lautete das Juryurteil für «NIǓ» beim WoodAward 2012.

Mit  «NIǓ»  gewannen Simone Hölzl und Christine Urech den WoodAward (Foto Lorenz Cugini)
Mit «NIǓ» gewannen Simone Hölzl und Christine Urech den WoodAward (Foto Lorenz Cugini)

Eine sehr sympathische Stimme mit leichtem tirolerisch-schweizerischem Dialekt tönt aus dem Telefon, als ich Simone anrufe. Sie hat gerade einen Zug verpasst und sitzt jetzt gemütlich in einem Cafe, um mir einiges aus ihrem jungen, aber sehr interessanten und erfolgreichen Leben zu verraten.

Die Kitzbühlerin studierte Industriedesign in Aarau. In die Schweiz kam sie über ein paar Umwege, wie sie lachend erzählt. „Nach der Matura war ich für einen Vorkurs zum Studium für Industriedesign ein Jahr in Paris auf der ESAG Penninghem, der Hochschule für Architektur und Graphik. Da mein Freund in Basel lebt, fuhr ich von Paris immer über Basel nach Kitzbühel. Und da ich zum frühesten Termin mit meinem Studium in Aarau beginnen konnte, passte das wunderbar und ich war nicht so weit weg von Martin.“ Eine Alternative wäre Graz gewesen, erzählt sie noch, und ich muss ihr natürlich sagen, dass sie eine liebenswerte Stadt verpasst hat. Sie lacht herzlich.

Sekretär FILIGRANA (Foto Mario Rohner)
Sekretär FILIGRANA (Foto Mario Rohner)

Während ihres Studiums für den Bachelor of Arts in Industrial Design an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Aarau ging Simone ein halbes Jahr nach Bozen. Nach dem Studium war sie für ein Jahr nach London, wo sie u.a. bei Barber Osgerby  (Produkt und Möbel Designstudio) und Softroom Architects (Interior Design und Architektur Studio) Erfahrungen sammelte, bevor es zurück in die Schweiz ging. „Das war schon eine tolle Zeit. In London fühlt man sich als junger Mensch wirklich sehr wohl und die vielen Nationalitäten machen die Stadt zusätzlich spannend. Übrigens hat Barber Osgerby die Olympischen Fackel für die Olympischen Spiele 2012 in London designt“, ergänzt Simone noch.

Beim Studium lernte sie Christine Urech kennen, die aus dem bernischen Lyss stammt. Beide hatten als Studenten an der Fachhochschule in Aarau einige gemeinsame Projekte gemacht und hielten auch nach dem Bachelor-Abschluss 2009 engen Kontakt. Gemeinsam überlegten sie sich, was sie für den „WoodAward“ einreichen könnten. Bei einem Besuch bei der Schreinerei Feldmann in Lyss wurden sie vom Anblick einer alten Wendeltreppe mit dem verdrehten Kern, den man heute fast nicht mehr sieht, und dem alten Handwerk der Spindeltechnik inspiriert. Sie waren begeistert von der Idee, diese alte Tradition mit einer neuen Maschine umzusetzen.

Die beiden erfolgreichen Designerinnen Christine Urech und Simone Hölzl
Die beiden erfolgreichen Designerinnen Christine Urech und Simone Hölzl

Projekt «NIǓ»
Für das Projekt «NIǓ» fanden die beiden Designerinnen mit Heinz Spychiger, dem Geschäftsführer der Schreinerei Feldmann, einen interessierten und engagierten Förderer
und Kooperationspartner für die Realisierung. Immerhin musste für eine Serienproduktion in die Werkzeugentwicklung für die fünfachsige CNC Maschine investiert werden. Ohne diese Unterstützung wäre eine Realisierung kaum möglich gewesen. Unerwarteter Nebeneffekt nach der «NIǓ» Realisierung: Für die besagte alte Wendeltreppe, die seit mehr als 40 Jahren nicht mehr hergestellt wurde, gab es nach dem gewonnen WoodAward wieder Aufträge.

 «NIǓ» WoodAward Sieger: Produzent Heinz Spychiger, Designerinnen Christine Urech und Simone Hölzl
«NIǓ» WoodAward Sieger: Produzent Heinz Spychiger, Designerinnen Christine Urech und Simone Hölzl

Ich spreche sie darauf an, dass sie ursprünglich wohl nicht so etwas Banales wie einen Tisch oder Stuhl machen wollten. Simone lacht herzlich. „Ja, das war der Plan, wir wollten nicht so etwas Gewöhnliches machen“, lacht sie noch immer. Nach einigen Diskussionen kamen sie und Christine dann aber zum Schluss, dass ein Stuhl und ein Tisch doch spannend sein können. So verbindet «NIǓ» das Urbild des Hockers mit einem Konstruktionsprinzip aus dem Treppenbau, mit drei in sich um 90 Grad verdrehten Beinen von Tisch und Hockern aus massiver Buche.

Mit «NIǓ» sind sie gegen den Trend von Glas, Chrom und Metall geschwommen und haben gleichzeitig einen neuen ‚alten‘ Trend geschaffen. Mit Holz arbeitet Simone sehr gerne, da es etwas extrem Warmes hat. „Man sieht wie es altert und wie schön es ist, wenn es altert. Ein Plastikstuhl sieht nach Jahren meist hässlich aus, ein Holzstuhl wird schöner“. Überhaupt arbeitet sie gerne mit Materialien mit hoher Wertigkeit. Von den heimischen Hölzern gefällt Simone das europäische Nussbaumholz am besten. „Das ist ein sehr lebendiges Holz und ich finde es extrem schön. Spannend wäre es auch mit Hölzern zu arbeiten, die beispielsweise extrem lange im Sumpf gelegen sind.“, ergänzt sie noch. Auch eine Kombination von Stein und Holz kann sie sich sehr schön vorstellen – und ich bin sicher, dass sie das schafft.

 «NIǓ» Sofatische (Foto Simone Hölzl)
«NIǓ» Sofatische (Foto Simone Hölzl)

Natürlich möchte ich wissen, wie sie auf den Namen «NIǓ» kamen und Simone verrät mir: „Das war eine Nachtaktion für den Wettbewerb. Der Name kommt aus dem Chinesischen und bedeutet ‚verdreht‘. Wichtig war für uns, dass der Name kurz ist, dass er mit dem zu tun hat, wie es hergestellt wird und dass er vom Schriftzug schön aussieht“.

Designerduo Simone Hölzl und Christine Urech
Neben «NIǓ» stammt auch das Arbeitstisch-Modell FILIGRANA oder das Elemente-System CURUNA aus der Kreativschmiede der beiden. Das Designerinnen-Duo wird auch in Zukunft gemeinsam an neuen Projekten arbeiten oder auch Einzelprojekte realisieren. „Wir sind selber gespannt, wie und was noch alles kommen wird.“
Auf meine Frage ob sie sich ergänzen, erklärt Simone: „Christine ist extrem strukturiert und organisiert, was nicht so meine Stärke ist. Oft meinen wir, dass wir dieselbe Idee haben und merken dann doch, wie unterschiedlich wir es meinen – und dann ist es immer spannend, was am Ende herauskommt“. Simone sieht ihre Stärke in der Ideenfindung. Sie lässt sich anfangs nichts in den Weg legen, Probleme werden später gelöst. Eine echte Kreative! „Ja, deshalb funktioniert es mit uns besonders gut, denn im richtigen Moment sagt Christine: „So, jetzt haben wir keine Zeit mehr, jetzt müssen wir eine Lösung finden“.

Time is the most valuable good in modern times. «Stay» invites you to another place - a place of consciousness and relaxation (Foto Simone Hölzl)
Time is the most valuable good in modern times. «Stay» invites you to another place – a place of consciousness and relaxation (Foto Simone Hölzl)

Als Einzelprojekt hat Simone Hölzl auch den traditionellen Schaukelstuhl mit innovativer Form- und Materialgebung interpretiert. Beim Prototyp STAY ist der Name Programm: „Zeit ist das wertvollste Gut in der heutigen Zeit. «Aufenthalt» lädt Sie zu einem anderen Ort ein – einem Ort des Bewusstseins und der Entspannung“.

Die Kollektion «NIǓ» wird in der Zwischenzeit bereits weiter entwickelt. Zum WoodAward-Projekt sind noch weitere Tischformen in verschiedenen Größen wie beispielsweise Couch- oder Bartische und Bänke dazugekommen. „Ein 2,40 m langer Tisch steht grad bei mir dahoam“, verrät Simone.

Simone Hölzl privat
Eine gewisse Kreativität wurde Simone in die Wiege gelegt. Ihr Opa ist handwerklich sehr begabt und ihr Vater träumte davon, Skulpturen zu machen. Er übernahm aber als Konditor den Familienbetrieb in Kitzbühel. „Er macht also süße Skulpturen“, lache ich und sie erzählt: „Ja, er hat wirklich tolle Aufträge. So musste er für ein Fest einen Ferrari aus Marzipan machen. Du musst ihn unbedingt besuchen, wenn Du nach Kitzbühel kommst“, kommt es vergnügt aus dem Hörer.

Nach ihrem Abschluss 2013 als ‚Master in Product Design an der Ecal im schweizerischen Lausanne nimmt sich Simone, neben ihren eigenständigen Projekten,  jetzt etwas mehr Zeit für sich. Als ‚klassische‘ Kitzbühlerin stand sie schon mit zwei Jahren auf Skiern. „Als ich noch nicht gehen konnte, fuhr ich am Rücken meines Vaters die Pisten runter“, schmunzelt sie.

Die sportliche Designerin, die bis zu ihrem 18. Lebensjahr in Kitzbühel lebte, begann vor einigen Jahren mit Skitouren. „Das mache ich sehr gerne, dabei kann ich gut abschalten“. Sie spielt aber auch gerne Tennis, geht Bergwandern und hat mit Wellenreiten begonnen. Nach Hause kommt sie regelmäßig, denn „daheim ist es immer am Schönsten“.

Die junge Designerin Simone Hölzl lebt jetzt in der Schweiz, kommt aber sehr oft in ihre Heimat Kitzbühel (Foto Simone Hölzl)
Die junge Designerin Simone Hölzl lebt jetzt in der Schweiz, kommt aber sehr oft in ihre Heimat Kitzbühel (Foto Simone Hölzl)

Zum Schluss möchte ich noch wissen, ob sie ein Traumprojekt habe. „Hm, eine gute Frage. Es würde mich interessieren, einmal ein gesamtes Haus zu designen, von der Türklinke bis zu den Möbeln, alles aufeinander abgestimmt. Das würde mich extrem reizen, oder Einzelobjekte, genau auf einen Raum, einen Garten oder Park abgestimmt. Als Kontrast zu Serienprodukten sind limitierte Einzelanfertigungen sehr toll, weil sie einem mehr Freiheit lassen. Aber Deine Frage nach meinem Traumprojekt war spannend, da werd ich mir noch Gedanken darüber machen“, lacht sie nochmal, bevor wir uns verabschieden.

www.simonehoelzl.ch
www.christineurech.ch

Share Button

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*