Renate Polz

„Ich bin Diener meines Gartens, seiner Produkte und der Natur“, sagt Renate Polz, als ich sie an einem schönen Sommertag  zu Hause besuche. Renate und Jet, ihr weißer Schäferhund, erwarten mich schon und begrüßen mich herzlich. Jet ist ein überaus freundlicher und lieber Hund und will gar nicht aufhören, mich zu begrüßen. Renate führt mich in den Innenhof ihres Anwesens. Über den Pool und ihren angrenzenden Garten hinweg habe ich einen unbeschreiblich schönen Ausblick auf die Weinhänge rundherum. Schon im Innenhof kann ich eine der ältesten Rosen bewundern: Es ist die 10 m hohe Paul’s Himalayan Musks, die sich um einen Kirschbaum rankt.

Hier, in diesem wunderschönen Anwesen lebt sie mit ihrem Mann Walter und ihren Kindern Lara (10), Anna (17) und Lukas (18). Natürlich bin ich schon sehr neugierig auf ihren Energiegarten. „Im Juli blühen nicht so viele Blumen. Es ist jetzt nach der Tulpen-, Iris- und Rosenblüte eine Ruhezeit von 2 bis 3 Wochen, in denen sich der Garten „erholt“, um dann im August wieder voll mit Lilien zu erblühen“, erklärt mir Renate.
Renate Polz ist eine überaus liebenswürdige Gastgeberin. Sie macht auf mich den Eindruck, dass sie sehr in sich ruht. Eine Ruhe, die nur jemand ausstrahlen kann, der selbst schon sehr viel, auch Leid, erlebt hat. Sie strahlt aber ebenso viel Freude aus. Freude an allem was sie tut, Freude über das Glück an der Seite ihres Mannes Walter und mit ihren Kindern. Ich merke, wie auch ich mich entspanne. Zwischendurch kommt immer wieder Jet, um sich Streicheleinheiten zu holen – und er braucht viele.

Dein Mann und Du, ihr seid beide am südsteirischen Grassnitzberg geboren und aufgewachsen?
Ja, und wir hatten sogar die gleiche Hebamme. Ich war dann 24 als ich ihn bei einer Weinkost am Witscheiner Herrenberg kennenlernte, wo ich früher mit meinen Eltern Buschenschank und Weinbau betrieben habe.

Deine Großmutter war ein wichtiger Mensch in Deinem Leben?
Ja, als Kind habe ich sehr viel Zeit bei meiner Großmutter verbracht, sie war wirklich ein sehr wichtiger Mensch in meinem Leben. Als Hausfrau hat sie auf die Kinder arbeitender Mütter aufgepasst. Ich bin also mit sehr vielen Kindern, aber auch mit vielen Tieren aufgewachsen. Meine Großmutter hatte einen großen Garten, und ich bin mir sicher, dass ich von ihr meine Leidenschaft zum Garten mitbekam.

Wie würdest Du Dich beschreiben?
(nachdenklich) Ich bin eher ein ruhiger Mensch. Ich bin sehr gerade, kenne keinen Neid und bin nicht nachtragend. Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut.

Du hattest einige schwere Schickschalschläge. Wie bist Du damit umgegangen?
Unser ältester Sohn Walter jun. ist 1990 mit nur 9 Monaten am plötzlichen Kindstod gestorben. Danach hatte ich noch einige Fehlgeburten bis mein Sohn Lukas geboren wurde. Auch mein einziger Bruder ist sehr jung gestorben. Ich habe damals irgendwie weitergearbeitet und begann dann zu gärtnern. Das war meine Rettung – der Garten ist sozusagen aus dem Tod entstanden. Aber – ich kann lachen (sie lacht herzlich).

Wie alt war dein Bruder als er starb?
Werner wurde nur 35 Jahre alt. Er war Absolvent der Höheren Bundeslehranstalt Klosterneuburg für Wein und Obstbau. 1990, er war gerade mal 24, hatte er die Idee und die Vision, bei der Theresienkapelle im Sausal einen Weingarten anzulegen. Dort ist ein Schieferboden, von dem es in der Südsteiermark nur ganz wenige gibt. Er drainagierte den Boden und baute Sauvignon, aber auch Weißburgunder und Muskateller an. Walter hat den Weingarten, der zu den besten Rieden gehört, danach übernommen.

Du hast für alle Deine Kinder Bäume gepflanzt?
Ich finde, Bäume sind wirklich wichtig für die Kinder – es ist wie eine Verwurzelung. Meine Kinder sind auf die Welt gekommen und ich habe ihnen einen Baum gepflanzt. Jedes Kind, auch unser verstorbener Walter jun., hat seinen Baum. Er ist im Juni gestorben und zu Weihnachten habe ich eine lebende Blaufichte auf das Grab gestellt, die ich dann im Februar im Garten eingesetzt habe. Der Lindenbaum hinter Dir gehört übrigens Lukas. Er ist im Februar auf die Welt gekommen und im März habe ich den Baum gepflanzt. Für Anna habe ich eine Birke und für Lara eine Blutpflaume gesetzt. Und für meinen Bruder habe ich einen Gedenkstein im Garten.

Hast Du eigentlich Zeit für Dich selbst?
Jeden Morgen gehe ich raus in meinen Garten und meditiere. Er ist mein Kraftfeld. Die Arbeit im Garten ist für mich Ausgleich und auch Sport. Dazu walke ich 2 – 3mal die Woche und ich schwimme viel.

Lebst Du gesund?
(lachend) Ich bin ein totaler Genussmensch. Ich genieße die Weine, die Sekte und das Essen, einfach alles. Ich bin nicht heikel und probiere alles gerne. Ich lasse nur Speisen weg, die ich nicht für notwendig empfinde wie Austern, Gänsestopfleber oder gemästeten Kapaun.

Hast Du noch Zeit für Hobbys?
Ich bin eine richtige Leseratte und habe tausende Bücher. Ich lese über Geschichte und Wissenschaft und natürlich viel über Garten-, Ess- und Weinkultur. Aber keine Romane. Bevor ich schlafen gehe, muss ich noch lesen und wenn es nur drei Seiten sind, sonst kann ich nicht einschlafen. Das ist wie ein Ritual. Wie der Kaffee morgens.

Was schätzt Du an Deinem Mann?
Ich habe große Achtung vor ihm, weil er alle Menschen gleich behandelt. Egal für wen er beispielsweise eine Weinkost macht, er macht sie immer mit der gleichen Inbrunst und Ehrlichkeit. Und wenn Walter Dir die Hand gibt, dann gilt es, da braucht es keinen Vertrag, er hat Handschlagqualität. Er ist sehr beliebt, hat eine große soziale Ader und ist dabei sehr bescheiden.

Was willst Du Deinen Kindern mitgeben?
Sie müssen wissen, dass sie hier immer ihr Zuhause haben – egal was passiert. Jeder macht Fehler und erlebt Rückschläge, und jeder muss für seine Fehler gerade stehen. Aber wir werden immer hinter unseren Kindern stehen, das ist mir wichtig ihnen mitzugeben. Ein Urvertrauen sozusagen.

Wurde Dir dieses Urvertrauen auch mitgegeben?
Nein, aber ich habe Vieles mit der Natur und mit Tieren ausgeglichen. Ich erzähle auch dem Jet sehr viel und ich habe das Gefühl, dass er viel versteht. Und ich weiß, dass er nichts weiter erzählt (sie lacht wieder herzlich).

Auf Deiner Homepage habe ich gelesen, dass Du einige Ausbildungen gemacht hast.
Ja, den Business Coach und den Lebens- und Sozialberater habe ich 2008 gemacht, danach noch eine Weiterbildung zur Leiterin von Familien- und Strukturaufstellung. Das war sehr wichtig für mich selbst und ich habe sehr viel gelernt. Mein Mann hat mich dabei sehr unterstützt.

Können Menschen Deine Hilfe schon in Anspruch nehmen?
Ich habe momentan eine Landwirtschaft und produziere seit 7 Jahren Trauben, habe meine Kinder und begleite sehr oft meinen Mann. Ich mache meine Weinbeschreibung und noch einiges mehr. Deshalb ist meine Zeit sehr knapp und die profimäßige Anwendung meiner Ausbildungen noch etwas im Hintergrund. Aber es ist mir ein Bedürfnis. Vor allem Meditation und Sterbebegleitung liegen mir am Herzen. Ich glaube, dass ich sehr viel für Menschen tun kann, denn sie gehen lieber zu jemandem, der Trauer schon selbst erlebt hat. Das wird mir auch immer wieder bestätigt. Und auch ich selbst lerne bei jedem Coaching von meinen Kunden. Das Schöne ist, ich kann diese wertvolle Arbeit machen, muss aber nicht.

Ist diese Arbeit aber nicht eine große Belastung?
Schon, aber ich schaffe es mit meinen Ritualen, diese Belastungen wieder abzugeben.

Erzähl mir bitte etwas über Deinen Garten.
Mein Garten ist ein Energieort. Siehst Du das ‚Zimmer‘ dort im Garten? Es ist ein ganz außergewöhnlicher Kraftplatz. Oft schon konnte ich spüren, dass Menschen den Garten als völlig anderer Mensch wieder verlassen haben. Es kommen viele Menschen hierher, auch viele Prominente. In diesem geheimnisvollen Garten werden keine Fotos gemacht, alles, was hier gesprochen wird, bleibt auch hier. Mein Garten ist im Februar violett von den Blüten der Krokusse, im März blühen die gelben Narzissen. Dann blühen im April die Tulpen, der Mai ist blau von der Iris. Im Juni blühen meine Rosen. Momentan blüht sehr wenig, da der Garten sich „erholen“ muss. Im Herbst wird es wieder bunter durch die Astern.

Was hast Du als nächstes vor?
Im Herbst plane ich noch eine weitere Ausbildung, die hat aber mit Wein zu tun. Sekt ist auch ein großes Thema für mich. Deshalb habe ich vor zwei Jahren den „Ladies Taste“ ins Leben gerufen. Zu dieser exklusiven Sektverkostung kommen sehr viele prominente Persönlichkeiten aus Politik, Kunst und Kultur, Fernsehen und aus der Weinwelt. Heuer mache ich bereits die dritte „Ladies Taste“ Veranstaltung. Wenn meine Tochter Lara größer ist, werde ich meinen Garten mit Sekt kombinieren – Sekt mit Garten.

Ihr Mann Walter kommt, um sich zu verabschieden. Ich nutze rasch die Gelegenheit ihn zu fragen, was er an seiner Frau besonders schätzt. „Dass sie mich liebt“, meint er lächelnd, „und dass sie mir die Freiheit gibt, die ich brauche. Sie ist einfach anders als andere Frauen und sie ist bescheiden, das mag ich“, meint er mit einem liebevollen Blick auf Renate und verabschiedet sich.

Ihr Garten
Nach dem Gespräch zeigt mir Renate ihren Garten. Jet und ihre Tochter Lara begleiten uns. Stolz erzählt sie mir, dass ihr Garten eine einzigartige Kombination aus Sauvignonreben, Blumen und Kräutern, Säulenzypressen und Lavendel ist. Sie zeigt mir den ersten Olivenbaum, den sie im Garten kultiviert. Ein bisschen sieht alles nach „Wildnis“ aus, aber jede Pflanze und jede Blume ist von Renate strukturiert gepflanzt worden. Die Gartenanlage und eine spürbar besondere Atmosphäre sind nur schwer zu beschreiben.
Mitten im Garten befindet sich das ‚Steinzimmer‘, das wir durch ein Tor betreten. Die Steine der kleinen Mauer sind von den Obegg-Rieden, die gemauerten Fenster sind im Jugendstil, im original-Barock- und im josefinischen Stil gestaltet. Auf einer Terrassenstufe steht unter einem alten Baum ein Tischchen mit zwei Sesseln. Dort nimmt Jet Platz. „Hunde wissen genau, welche Plätze gute Energieplätze sind“, erklärt mir Renate. Ich setze mich auch dorthin und schaue durch ein ‚Fenster‘ in die Weinlandschaft – und ich fühle mich wohl. Die Steine des terrassenförmig angelegten Gartens kommen aus den Rieden Obegg und aus den Rieden Hochgrassnitzberg und Grassnitzberg. Die etwas helleren Steine stammen vom Zieregg.

Renates Philosopie von Wein und Garten ist die Verquickung des Weines mit der Natur seiner Region, der friedvollen Harmonie ihrer Gerüche, Geräusche und ihrem prachtvoll wechselndem Farbenspiel.
Auf unserer Wanderung durch den Garten reiben wir am Blatt einer Zitronenmelisse und am Lavendel und genießen den betörenden Duft. Immer wieder kommen wir an antiken Steinskulpturen vorbei, schauen kurz in den Kräutergarten und inspizieren das Spalierobst. Ich erfreue mich an meinen Lieblingsbäumen, den Säulenzypressen. Diese und ein breites Band Lavendel bilden auch den Übergang zu den Weinstöcken, der Abgang zu diesen wird von zwei Steinsäulen gerahmt.

Das nächste Mal möchte ich den Garten unbedingt als Rosenmeer erleben und all die historischen Rosenstöcke sehen, die Renate hier gepflanzt hat – und dies sind mittlerweile schon mehr als 700.

www.polz-garten.at

Erschienen in G’sund 2012

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