„When photographing food one must be sure that the viewer will find adventure on the plate“.
Der Steirer Thomas Schauer hat als Fotograf geschafft, wovon viele träumen: er pendelt zwischen seinem Atelier in New York und Wien und arbeitet überwiegend mit den erfolgreichsten Köchen der Welt. Seinen Durchbruch schaffte er 2003, als er für David Bouley, einem der bekanntesten New Yorker Köche, dessen bisher einziges Kochbuch „East of Paris“ fotografierte.

Ich besuche Thomas in seinem hellen und gemütlichen Atelier im New Yorker Stadtteil Chelsea, wo er und seine Frau Sahinaz mich sehr freundlich begrüßen und ich mich sofort wohlfühle. Sein Leben klingt nicht nur wie eine Erfolgskarriere, es ist auch eine. Seine Lehre als Industrie- und Werbefotograf machte er in Graz bei Foto Petek. Gerne erinnert er sich an diese Zeit. „Es war sensationell dort, so ein Riesenstudio gibt es gar nicht mehr in Graz. Ich habe damals wirklich viel gelernt.“

Schon mit 21 Jahren machte sich der heute 46-Jährige selbständig, eröffnete bald darauf sein eigenes Studio in Wien. „Ich habe heute immer noch dasselbe Studio“, schmunzelt er. Seine Frau Sahinaz und er pendeln je nach Auftragslage zwischen New York und Wien. „In starken Jahren, als sämtliche Headquarters großer Firmen in Wien waren, bis zu 20 mal jährlich. Aber wir sind über die Wirtschaftssituation in Amerika sehr happy, der Markt funktioniert für uns sehr gut hier. New York ist ein Riesenmarkt, ein Weltmarkt, und entsprechend groß sind die Projekte, an denen wir hier arbeiten, wie aktuell zB für die drittgrößte Pizzakette weltweit.“

Nachdem Thomas schon einige wunderbare Kochbücher fotografierte und sich damit einen großen Namen machte, möchte ich von ihm wissen, ob er auch selber gerne kocht. „Ich habe schon mit meinem Papa gekocht“, verrät er mir. „Diese Verbindung, gemeinsam zu kochen und zu essen, habe ich immer irrsinnig gerne gemocht. Am Wochenende bin ich immer mit ihm einkaufen gegangen und dann haben wir zusammen gekocht.“ Kein Wunder, dass ihm die Essensfotografie so viel Freude macht. Mit einem Lachen verrät er noch, dass die Mama dann aus der Küche verdrängt wurde, es aber sehr genossen hat, verwöhnt zu werden.

Food ist schwer zu fotografieren. „Essen wartet nicht, muss schnell fotografiert werden. Ich mag keine Fake-Sachen, mache nur ehrliche Fotos. So kann es schon sein, dass wir ein Gericht fünfmal kochen müssen, bis es DER Shot ist.“ Neben Food fotografiert er auch gerne People. „Irgendwie klar, denn in einem Restaurant sind Menschen, der Chef immer wieder dabei.“

Ich lerne, dass Drinks noch schwerer zu fotografieren sind. „Da kommen die Reflexionen des Glases dazu und es kommt auf den Mix an. Ein Cocktail schmeckt sehr gut, wenn Du ihn trinkst, aber einen Drink kann man sich nicht vorstellen. Es ist wirklich schwierig, die Seele des Getränkes einzufangen.“
Für sein Buch „Cocktails – Die besten Drinks der legendären Apotheke Bar in New York“ hat er einen Award gewonnen. Dieses legendäre Lokal führte übrigens Albert Trummer, auch ein Steirer. „Ich bin gemeinsam mit Albert in Wildon aufgewachsen und mit seinem Bruder in die Schule gegangen.“ Ich erfahre, dass Albert Trummer, der zur Zeit in Miami „mixt“, wieder nach New York zurück kommen und ein Lokal mit einem neuen Konzept aufmachen wird.

Der Kontakt mit seiner Heimat ist immer da. „Meine Eltern kommen übrigens morgen und wir sehen uns auch mindestens fünfmal im Jahr“, freut sich Thomas schon. „Weißt du, dadurch, dass wir für unsere Shootings relativ oft nach Österreich fliegen, fühlen wir uns manchmal so, als ob wir nie richtig nach New York gezogen wären. Mit New York hat sich einfach alles so ergeben und zur Zeit passt es für uns beide wie es ist.“ Kennengelernt hat er Sahinaz übrigens in Wien, wo die attraktive gebürtige Türkin aufgewachsen ist.

Darauf angesprochen, welches Projekt ihm am meisten Freude gemacht hat, meint er, dass es davon sehr viele gibt. 1999 startete er sein erstes Kochbuch-Projekt mit David Bouley, dem Küchenchef der Bouley Restaurants. Es folgte eine Werbekampagne für Grand Marnier und die amerikanische Gourmet-Supermarktkette Wegmans, die er seit vielen Jahren betreut. Das Buch „My french Cuisine“ von Daniel Boulud hatte eine Produktionszeit von zwei Jahren. „Ich habe daran extrem viele Erinnerungen“, erklärt mir Thomas, „wenn ich mein Archiv durchsehe, weiß ich ganz genau, wie es dort war und wie es dort gerochen hat.

Bei unseren Projekten müssen wir das Gefühl haben, dass wir etwas dazu beitragen können, um es besser zu machen.“ Die Bandbreite seiner Arbeiten in Europa und Amerika hält ihn auch ‚frisch‘, meint er. „Es ist auch ein großer Unterschied, ob ich eine Idee in Deutsch, also meiner Muttersprache erkläre, oder in Englisch.“

Thomas ist mit seinem Buchprojekt für David Bouley gleich in einen Superbereich eingestiegen. „Das war eine tolle Visitenkarte für mich und Bouley hat mich für ein Folgeprojekt weiterempfohlen. Fuji hat damals einen Film für Food-Fotografie herausgebracht, und ich bin eingeladen worden, ihn zu testen. Daraus ergaben sich große Ausstellungen in New York und Las Vegas.
Ich spreche ihn darauf an, dass er den amerikanischen Traum lebt. Thomas lacht. „Ja, aber es wird unterschätzt, wieviel wir arbeiten. Wir sind jetzt seit 2000 hier, haben das ganze über viele Jahre aufgebaut.“ Mundpropaganda ist seine beste Werbung. „Wir haben ganz tolle Kunden, die uns extrem supporten und weiter empfehlen. In Österreich habe ich einen Kunden, den ich seit 18 Jahren betreue und auch hier betreue ich einen schon seit 8 Jahren. Unsere langen Relationsships pflegen wir sehr und das wissen unsere Kunden zu schätzen.“

Wie viele andere bemerkt auch Thomas sehr stark, dass sich in Amerika die Menschen mehr mit einem mitfreuen – im Gegensatz zu Österreich, wo man etwas neidischer ist. „Daniel z.B. hat weltweit seine Restaurants, wir telefonieren und treffen uns regelmäßig. Er ist sehr stolz auf das, was ich mache und freut sich mit über meinen Erfolg.“
Bleiben wir noch beim Buchbereich meine ich. Gerade ist das Buch „Bien Cuit: The Art of Bread„ erschienen, in dem einer der weltweit bekanntesten Bäcker Zachary Golper seine ‚Geheimnisse‘ zum Brot backen verrät. In einem weiteren Projekt geht es um Gewürze. „Ich habe ein paar Anfragen, die ich mir ansehe“, meint Thomas. „Aus meiner Erfahrung mache ich nur Bücher, wo ich auch selbst Mitspracherecht am Design usw. habe“, – denn sein Qualitätsanspruch ist sehr sehr hoch. Auf meine Frage analog oder digital kommt es ohne zu zögern: „In der Werbung digital, da gibt’s kein Nachdenken.“

Ein schönes großes Projekt war 2012 seine Soloausstellung in New York. Inspiriert wurde er von seinem Buchprojekt „Foraged Flavor“. „Ich habe mir zwei Monate freigenommen, um die Bilder zu arrangieren, und das war gar nicht so einfach. Aber ich bin Perfektionist, es macht mir Spaß, so lange daran zu arbeiten, bis alles so ist, wie ich es mir vorstelle.“ „Er ist wirklich ein Perfektionist, hat viel Power und Energie,“ ergänzt Sahinaz lächelnd.
An New York schätzt Thomas die unglaubliche Energie. „Wenn man an tollen Projekten arbeitet, mit den besten Leuten ihres Faches, das ist einfach genial. Der Qualitätslevel hier und was alles entsteht ist faszinierend.“ Er genießt die Zusammenarbeit mit spannenden Menschen. „Wenn ich für einen jungen Newcomer fotografiere, ist es genauso spannend für mich, wie wenn ich mit einem erfahrenen Chef zusammen arbeite. Wir lernen bei jedem Job. Wir arbeiten jetzt für eine Schokoladenfirma und haben davor für eine Pizza-Kette gearbeitet. Was man da alles lernt, wir könnten jetzt eine Pizzeria aufmachen“, meint er humorvoll.

Als ich ihn auf das Thema Freizeit anspreche, lacht er: „Wir haben keine Kinder. Sahinaz und ich sind schon sehr auf unseren Job orientiert, der sehr intensiv ist. Und große Projekte bedürfen sehr viel Präsentationszeit.“ Sahinaz übernimmt die Organisation aller notwendigen Mittel für die oft sehr aufwendigen Shooting-Projekte wie Dekorationen, Stoffe, Besteck, Teller etc.. Ich frage Sahinaz, mit welchen Tricks sie Thomas aus dem Atelier bekommt und sie meint lachend: „Ich schaffe es schon, ich kenne meinen Mann schon lange genug“. Thomas meint weiter: „Wenn wir etwas freie Zeit haben, verbringen wir diese mit Freunden oder sehen, dass wir nach Österreich kommen. Weißt Du, was bei mir als Hobby begonnen hat, habe ich zum Beruf gemacht und ich weiß eigentlich nicht, ob ich arbeite oder meinem Hobby nachgehe“, ergänzt der sympathische Steirer noch.

Lieblingslokale hat er eigentlich nicht, denn: „Durch unseren Beruf haben wir so viele Kontakte zu Restaurants und Bars, und die besuchen wir auch gerne. Und wenn wir Zeit haben, kochen wir gemeinsam zu Hause.“ Machst Du Sport, frage ich Thomas und bekomme etwas wehmütig zu hören: „Sollte ich mehr machen. Durch intensive Projekte arbeite ich oft zwei Wochen durch und dann komm ich aus dem Rhythmus heraus. Ich stehe schon um 5 Uhr morgens auf – noch früher schaff ich nicht.“ Das ist nur zu verständlich.

Zukunft
„Ich gründe jetzt mit meinen zwei Partnern eine neue Filmproduktionsfirma. Wir shooten im Foodbereich TV Commercials und produzieren diese auch selbst. Die Nachfrage in diesem Bereich wird immer größer. Mein Aufgabenbereich ist die Regie und Director of Photography.“
Im Herbst wird wieder ein neues Buch von Thomas erscheinen – Einzelheiten verrät er mir dazu noch nicht. Aber so unglaublich vielseitig und immer an Neuem interessiert er ist, werden wir uns noch über viele interessante und vor allem ästhetisch schöne Werke freuen können.
