Aus der Reihe „Frauen und Technik“ in Kooperation mit der Industriellenvereinigung Steiermark: Claudia Niegelhell ist diplomierte Automatisierungstechnikerin,
Elektronik-Meisterin und Lean-Managerin bei EVG in Raaba-Grambach. Sie schaffte es von der Lehre bis zur Meisterin der E-Werkstätte mit 60 Mitarbeitern. Qualität ist ihr oberstes Credo.

Supervisor Assembling ist die genaue Berufsbezeichnung von Claudia Niegelhell, der 60 Mitarbeiter unterstehen. „Ich bin verantwortlich für den Meisterbereich E-Werkstätte, die Bereiche
wie Schaltschrank-Bau, Anlageninstallation und Elektronik abdeckt. Alles Elektrische und Elektronische, das unser Werk verlässt, geht durch unseren Bereich”, erklärt sie stolz.

Schon früh schaute sie ihrem Vater zu, der zu Hause alles selbst machte, und half ihm dabei auch. „Also ein bisschen erblich vorbelastet”, schmunzelt Niegelhell, die auch an ihrem Moped gerne selbst schraubte. Ihr Traumberuf Automechanikerin war damals leider nicht möglich, die Lehre zur Elektrobetriebstechnik war für sie eine tolle Alternative.”
Als gut behütetes Mädchen kamen ihr zu Beginn ihrer Lehre in dieser männerdominierten Welt schon mal Zweifel, ob es das Richtige für sie sei, erzählt die 46-Jährige sehr offen. „Aber da ich hier als Lehrling angefangen und mit den Jungs immer gleich mitgearbeitet habe, funktionierte es recht gut. Ich habe mir sehr
ungern helfen lassen, da es mir immer wichtig war, alles alleine zu schaffen.“ Schwierigkeiten hatte sie anfangs aber auf Montagen, erlebte Ablehnung und auch Anfeindung. „Mein schlimmstes und zugleich schönstes Erlebnis hatte ich in Spanien bei meiner allerersten Montage. Ein sehr stolzer und sehr konservativer Werksleiter hatte zuvor noch mit keiner Frau gearbeitet. Als ich ankam, gab er mir nicht einmal die Hand, ignorierte mich. Während des Arbeitens löste sich die Situation ein bisschen, vor allem, als ich einen von seinen Maintenance-Mitarbeitern von der Anlage holte und ihm sagte, ‚wenn er mit der Anlage weiter so umgeht, will ich ihn hier nicht mehr sehen‘. Verabschiedet hat er sich von mir dann mit den Worten, ‚es war mir eine Ehre, sie kennen zu lernen‘.“ Bei Niegelhells nächstem Besuch hatte er sogar schon einige Frauen beschäftigt. So sehr hat ihn die energische Werkstättenleiterin
mit Leistung und Charakter überzeugt.

Geht nicht, gibt’s nicht!
Ihrem Arbeitgeber, dem weltweit tätigen Maschinenbauunternehmen EVG in Raaba-Grambach bei Graz, ist sie sehr dankbar, dass Mitarbeiter aktiv bei Aus- und Weiterbildungen unterstützt und auch nach ihren Fähigkeiten bestmöglich eingesetzt werden. „Vor zwei Jahren machte ich den Lean-Manager, um die Prozesse für die Mitarbeiter noch besser zu gestalten und weiter zu optimieren.“ Zu ihrem Team gehören auch ein paar Frauen. „Die haben es aber nicht leicht mit mir“, meint sie sehr ehrlich. „Da ich weiß, was möglich ist, verlange ich diese Leistung natürlich auch von ihnen.“ Bei Mitarbeitern schätzt sie genaues Arbeiten, mit Aussagen wie ‚das schaffen wir nicht‘, kann sie nichts anfangen. „Ich frage, was brauchen wir dafür?“

Sehr stolz ist sie auf das gute Betriebsklima. „Wir sind zwar sehr viele unterschiedliche Charaktere, aber wir halten alle zusammen. Wir haben eine sehr gute Auftragslage, haben aber auch mit Schwierigkeiten wie etwa der Materialbeschaffung zu kämpfen. Unser Vorteil ist jedoch unsere große Flexibilität.“ Mit einem Schmunzeln meint Niegelhell weiter: „Meine Arbeit ist momentan vor allem ,Asse aus dem Ärmel‘ zu schütteln und Unmögliches irgendwie möglich zu machen.“ Geht nicht, gibt es bei ihr nicht. Kreativ zu arbeiten, macht ihr spürbar Freude.
Einen ihrer Lebensträume konnte sich sie schon während einer Montage in Florida erfüllen: Delphine streicheln. „Mein Wunsch und Ziel im Beruf ist es, dass meine Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen.“ Und für junge Frauen hat sie folgenden Rat: „Kritik konstruktiv annehmen und nicht immer alles zu ernst zu nehmen.“
Großes Beitragsfoto: Claudia Niegelhell ist diplomierte Automatisierungstechnikerin, Elektronik-Meisterin und Lean-Managerin bei EVG in Raaba-Grambach. (Foto Thomas Luef)