Michael Maertens und Valerie Pachner sind der neue Jedermann und seine Buhlschaft

Valerie Pachner und Michael Maertens sind der neue Jedermann und seine Buhlschaft. (Foto SF / Matthias Horn)Die Mozartstadt hat 2023 ein neues Traumpaar: Im Sommer 2023 schlüpfen der Deutsche Michael Maertens und die Oberösterreicherin Valerie Pachner in die begehrten Rollen und folgen damit Lars Eidinger und Verena Altenberger. Spannend ist, dass erstmals die Buhlschaft auch die Rolle des Todes bei den Salzburger Festspielen verkörpert. Bis einschließlich 2022 wurde der Jedermann übrigens 757-mal aufgeführt.

Im Gespräch mit Michael Maertens
Sie haben 1993 in der Uraufführung von Botho Strauß‘ Das Gleichgewicht Ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen gegeben, waren und sind ein wesentlicher Festspielkünstler. Was verbinden und verbindet Sie mit Salzburg?
Das ist rückblickend wirklich eine tolle Bilanz, mit dem Jedermann fällt im nächsten Jahr sogar mein 30-jähriges Festspieljubiläum zusammen! Ich gehöre außerdem zu den Schauspielern, die Salzburg lieben, nicht zuletzt deswegen freue ich mich ganz besonders
auf diese neue Aufgabe.

Schauspieler Michael Maertens als neuer "Jedermann". (Foto Nils Schwarz)
Schauspieler Michael Maertens als neuer „Jedermann“. (Foto Nils Schwarz)

Worin liegt der Reiz der Rolle des Jedermann? Weshalb haben Sie das Angebot angenommen?
Der Reiz liegt zunächst in der über 100-jährigen Tradition. Mein Vater hat mir zum Beispiel schon als Kind ganz viel von Attila Hörbiger als einem der ersten Jedermann-Darsteller erzählt, er ist damals extra nach Salzburg gefahren, um ihn zu sehen. Für mich selbst schließt sich mit Blick auf meine eigene Festspielvergangenheit ein Kreis. Es ist eine echte Ehre, Teil der Festspiele zu sein, weil ich mich mit dem, was dort – gerade auch in den letzten Jahren beim Jedermann – gemacht wird, absolut identifizieren kann.

Weshalb wird Ihrer Meinung nach der Jedermann seit 1920 so erfolgreich in Salzburg aufgeführt?
Das fängt sicherlich an bei der einmaligen Kulisse. Das Stück ist aus meiner Sicht außerdem immer noch zeitgemäß, mich hat es durch seine Allegorien und die Themen des Lebens, die darin verhandelt werden, schon immer sehr berührt. Der Stoff geht jeden Menschen etwas an, indem er so zentrale Fragen stellt wie: Warum bin ich hier, und warum muss ich wieder gehen?

Wenn Sie an die bisherigen Jedermann-Darsteller denken, gibt es da einen, den Sie besonders inspirierend finden?
Ich verfolge den Salzburger Jedermann seit meiner Schauspielschulzeit. Zu den Schauspielern, die ich generell besonders bewundere, gehören vor allem Kollegen meiner Generation wie Nicholas Ofczarek, mit dem ich persönlich sehr gut befreundet bin, Tobias Moretti und Lars Eidinger. Gerade dessen Darstellung hat mir sehr gefallen und war mit ausschlaggebend dafür, dass ich sofort zugesagt habe. Alle drei haben die Rolle des
Jedermann auf ihre Art bereichert.

Fängt man bei so einer Rolle, in der es um Leben und Tod geht, an über das eigene Leben und Streben nachzudenken?
Das steht bei mir nicht im Vordergrund, ich habe mich mit diesen Themen schon mein Leben lang und in letzter Zeit auch aufgrund persönlicher Erfahrungen beschäftigt. Ich bin tendenziell jemand, der mehr vom Kopf her an eine Rolle herangeht und sie erst später mit Emotionen auffüllt.

Was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit Michael Sturminger?
Ich weiß, dass ich von ihm eine vollkommene Neugierde und Öffnung meiner Person gegenüber erwarten darf, wir haben ja bereits zwei Produktionen miteinander gemacht. Ich möchte auch den zuletzt in Salzburg eingeschlagenen Weg in eine verstärkt weibliche Richtung bei der Besetzung und Charakterisierung der Figuren gerne weitergehen. 

Im Gespräch mit Valerie Pachner
Was bedeutet Salzburg für Sie?
Tatsächlich vor allem die Salzburger Festspiele. Als ich noch am Max-Reinhardt-Seminar studiert habe, war ich im Sommer zum ersten Mal da und es war alles sehr aufregend.

Die neue Buhlschaft Valerie Pachner spielt im kommenden Jahr auch den Tod. (Foto Mathias Bothor)
Die neue Buhlschaft Valerie Pachner spielt im kommenden Jahr auch den Tod. (Foto Mathias Bothor)

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie den Anruf erhalten haben, dass Sie die Buhlschaft bei den Salzburger Festspielen sein sollen?
Ich habe mich sehr gefreut. Vor allem, weil von Anfang an klar war, dass ich auch den Tod spielen sollte. Nicht nur love interest, sondern auch Antagonistin zu sein, finde ich sehr reizvoll. Und es ermöglicht mir, als Schauspielerin mehr zu erzählen.

In Theaterkreisen heißt es, die Buhlschaft sei die größte kleinste Rolle. Was macht den Reiz dieser Figur für Sie aus? Was assoziieren Sie mit der Rolle?
Zunächst assoziiere ich mit dieser Rolle schon das offensichtlich ungleiche GeschlechterVerhältnis. Die weibliche Hauptfigur erfüllt die Rolle der Liebschaft und alle wollen wissen, welches Kleid sie trägt, während die männliche Hauptfigur die ganze Geschichte trägt. Auf einer kulturgeschichtlichen Ebene macht aber genau das den Reiz aus: Wer bin ich als diese Frau, die viel Aufmerksamkeit für ihren Körper, aber wenig Sätze bekommt – im Jahr 2023? Auf rein inhaltlicher Ebene interessiert mich das allegorische Gewicht der Figur. Wofür steht sie – Eros, Lebendigkeit, Freude, das Gegenteil von Tod? Und was passiert mit der Liebe im Angesicht des Todes?

Wenn Sie sich die bisherigen Buhlschaften anschauen, gibt es eine, die Sie besonders mögen, die Sie inspiriert?
Ich finde, alle haben gleichermaßen eindrucksvoll und auf ihre eigene Art dieser Rolle viel gegeben. Die lange zurückreichende Geschichte dieser Figur und ihrer unterschiedlichen Darstellerinnen ist inspirierend.

Was erwarten Sie sich von der Zusammenarbeit mit Regisseur Michael Sturminger?
In unseren ersten Gesprächen habe ich ihn als sehr offenen, aufmerksamen Gesprächspartner erlebt. Er hat viel Erfahrung mit dem Stück, kann einen also auf vieles, was diese Arbeit mit sich bringt, vorbereiten. Gleichzeitig will er auch wieder nach neuen
Ansätzen suchen, worauf ich mich sehr freue.

Was denken Sie, weshalb der Jedermann über ein Jahrhundert hinweg so erfolgreich aufgeführt wird?
Einerseits gibt es, glaube ich, eine Faszination für und eine Sehnsucht nach wiederkehrender Tradition. Solche Wiederholungen können Halt geben und Raum für Reflexion bieten. Andererseits liegt es wohl auch am Gesamterlebnis das dem Jedermann
innewohnt: dem Domplatz, dem Glockenläuten, den Jedermann-Rufen, den allegorischen Figuren und – nicht zuletzt: Dem Wettlauf mit dem Tod.

Biografien
Michael Maertens wurde 1963 in Hamburg geboren. Er studierte an der Otto Falckenberg Schule in München und ging 1989 ans Hamburger Thalia Theater, wo er bereits in seiner ersten Spielzeit den Boy-Gobert-Preis erhielt und zum Nachwuchsschauspieler des Jahres gewählt wurde. Weitere Stationen waren das Schillertheater und das Deutsche Theater in Berlin, die Münchner Kammerspiele und das Berliner Ensemble. Von 2001 bis 2005 war er am Schauspielhaus Bochum, mit der Spielzeit 2005/06 wechselte er ans Schauspielhaus Zürich.
Seit 2009 ist der Nestroy-Theaterpreis-Träger fest im Ensemble des Wiener Burgtheaters. In Wien, wo ihm im März 2017 der Titel Kammerschauspieler verliehen wurde.

Valerie Pachner wurde 1987 in Wels, Oberösterreich, geboren. Nach der Schule lebte sie ein Jahr in Honduras, was sie dazu bewog, in Wien das Studium der Internationalen Entwicklung zu belegen. Parallel dazu studierte sie Germanistik, ihre Leidenschaft zur Schauspielerei überwog schließlich und sie absolvierte von 2009 bis 2013 das Max Reinhardt Seminar. Bereits 2013 wurde sie festes Mitglied des Ensembles am Residenztheater in München, wo
man sie unter anderem in Horváths Glaube Liebe Hoffnung unter der Regie von David Bösch und in der Rolle der Irina in Tschechows Drei Schwestern sowie in Arthur Millers Hexenjagd (beide unter der Regie von Tina Lanik) sehen konnte. Für ihre Arbeit am Residenztheater erhielt sie 2016 den Bayrischen Kunstförderpreis.
Parallel zu ihrer Bühnenarbeit übernahm Valerie Pachner erste Kinorollen. Für ihre Darstellung der Wally Neuzil in Egon Schiele: Tod und Mädchen wurde sie mit dem österreichischen Filmpreis und der Romy als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet.
2016 erhielt sie ihr erstes internationales Engagement, als Terrence Malick auf sie aufmerksam wurde und sie in der weiblichen Hauptrolle der Franziska Jägerstätter für seinen Film, das Weltkriegsdrama Ein verborgenes Leben (Originaltitel: A Hidden Life) besetzte. Der Film lief 2019 bei den Filmfestspielen in Cannes und sorgte international für Aufmerksamkeit.
Ein weiterer Meilenstein in der Karriere von Valerie Pachner war die preisgekrönte Hauptrolle in Marie Kreutzers Der Boden unter den Füssen (2019), der bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin seine viel beachtete Weltpremiere feierte. U.a. wurde sie für diese Rolle mit dem Deutschen Schauspielpreis ausgezeichnet und für den österreichischen Filmpreis als beste Darstellerin nominiert.
2021 war Valerie Pachner in dem Prequel der international erfolgreichen The King´s ManReihe unter der Regie von Matthew Vaughn an der Seite von Ralph Fiennes, Rhys Ifans und
Daniel Brühl auf der Leinwand zu sehen.

Großes Beitragsfoto: Valerie Pachner und Michael Maertens sind der neue Jedermann und seine Buhlschaft. Jedermann-Premiere ist am  21. Juli, 21.00 Uhr. (Foto SF / Matthias Horn)

 

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