Schauspielerin Valerie Pachner: Spiel mit gesellschaftlicher Relevanz

Die großartige Schauspielerin Valerie Pachner im Film "Der Boden unter den Füßen" (Foto Juhani-Zebra)„Unser Spiel sollte von gesellschaft-licher Relevanz sein“,  sagt Schau-spielerin Valerie Pachner, Hauptdarstellerin im erfolgreichen Filmdrama „Der Boden unter den Füßen“ von Marie Kreutzer.

Valerie Pachner ist die Hauptdarstellerin im erfolgreichen Filmdrama „Der Boden unter den Füßen“ von Marie Kreutzer. Im Bild mit Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber, die Intendanten der Diagonale. (Foto Miriam Raneburger)
Valerie Pachner ist die Hauptdarstellerin im erfolgreichen Filmdrama „Der Boden unter den Füßen“ von Marie Kreutzer. Im Bild mit Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber, die Intendanten der Diagonale. (Foto Miriam Raneburger)

Der Film hatte seine Premiere im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin – auf der Diagonale in Graz wurde es als Eröffnungsfilm gezeigt. Die Schauspielerin Valerie Pachner spielt darin auf herausragende Weise eine ehrgeizige Unternehmens-beraterin, die in Deutschland eine steile Karriere macht. Als ihre schizoide Schwester, gespielt von Pia Hierzegger, in Wien in die Psychiatrie eingeliefert wird, gerät ihr Leben außer Kontrolle. 

Im Rahmen der Diagonale treffe ich die sympathische Schauspielerin im „KIZ RoyalKino“ zu einem gemütlichen Interview. Mir gegenüber sitzt eine faszinierende Frau mit roten Haaren, blauen Augen und angenehmer Unkompliziertheit.

Ich durfte die großartige Schauspielerin im Rahmen der Diagonale im Grazer "KIZ RoyalKino“ zu einem gemütlichen Interview treffen. (Foto privat)
Ich durfte die großartige Schauspielerin im Rahmen der Diagonale im Grazer „KIZ RoyalKino“ zu einem gemütlichen Interview treffen. (Foto privat)

Valerie Pachner wurde 1987 in Wels geboren und besuchte von 2009 bis 2013 das Max Reinhardt Seminar Wien. Auf meine Frage ob sie jemals daran dachte, wie erfolgreich der Film werden würde, meint sie: „An so etwas denke ich nicht. Das Drehbuch muss mir einfach gefallen. Auch während der Dreharbeiten Films denke ich nicht daran, es steht nur der Inhalt im Zentrum. Aber natürlich ist es schön und freut mich, dass er so erfolgreich ist und jetzt englischsprachig auch nach Amerika vertrieben wird.“ 

Valerie Pachner: "Natürlich ist es schön und freut mich, dass "Der Boden unter den Füßen" so erfolgreich ist und jetzt englischsprachig auch nach Amerika vertrieben wird." (Foto Diagonale 2019)
Valerie Pachner: „Natürlich ist es schön und freut mich, dass „Der Boden unter den Füßen“ so erfolgreich ist und jetzt englischsprachig auch nach Amerika vertrieben wird.“ (Foto Diagonale 2019)

Auf ihre Vorbereitung auf den Film angesprochen, erklärt mir Valerie: „Einerseits geht das über die äußeren Komponenten, man setzt sich mit der Welt der Figur auseinander und natürlich mit der Krankheit Schizophrenie. Ich hatte das Glück, dass ich in meinem Urlaub in Thailand – den ersten seit 3 Jahren wohlgemerkt – am Strand rein zufällig ehemalige Unternehmensberater kennenlernte. Sie waren alle in meinem Alter, alle ausgestiegen und auch offen, über diese Welt zu reden. So konnte ich relativ viel, auch über deren Denkweise, erfahren und dass ihre beruflichen Prinzipien in deren Privatleben eingeflossen sind. Aber jetzt, wenn ich den Film sehe und ich darüber sprechen muss, ist er für mich so geprägt von der Innenperspektive, weil ich mir diese Innenwelt der Lola aufbauen musste, um die es eigentlich geht. Diese behalte ich die ganze Zeit über und lebe sie im Film und jeder Szene, und deshalb fällt es mir nicht so schwer einzutauchen, weil ich so gefüllt bin wie es in ihrem Inneren aussieht und bin einfach dort.“

"Der Boden unter den Füßen" mit Pia Hierzegger, Marie Kreutzer, Valerie Pachner und Mavie Hoerbiger. (Foto Wolf Silveri)
„Der Boden unter den Füßen“ mit Pia Hierzegger, Marie Kreutzer, Valerie Pachner und Mavie Hoerbiger. (Foto Wolf Silveri)

Aber wie taucht man nach solchen Drehtagen wieder auf, frage ich sie. Valerie lächelt und meint: „Na ja, dafür gibt es Prozesse, die hab‘ ich mir nach der Schauspielschule selbst angeeignet. Dass man das machen muss, habe ich recht schnell gelernt.“ Der Schauspielerin gelingt das nach ihren Worten ganz gut, sobald sie in ihren eigenen vier Wänden oder im Hotelzimmer ist, mit lieben Menschen telefoniert, Freunde oder Kollegen trifft. „Das gelingt manchmal besser und manchmal schlechter.“ Wie sehr Valerie in ihrer Figur lebte und wie präsent diese auch noch nach Drehschluss war, zeigte sich auch daran, „dass mein Kiefer so verspannt blieb. Im Film sieht man ja, wie ich meine Zähne zusammenbeiße, was für die Figur so wichtig war. Aber nach täglichem stundenlangem Anspannen war es dann schwer für mich, loszulassen. Meine Freunde machten mich schon darauf aufmerksam und meinten, ich solle aufpassen, dass ich keinen Tick bekomme“, schmunzelt sie.

Valerie Pachner beim Warm up zur Diagonale19 (Foto Miriam Raneburger)
Valerie Pachner beim Warm up zur Diagonale19 (Foto Miriam Raneburger)

Sex- und Nacktszenen sind für sie kein Problem, wenn es die Figur verlangt. Gefühle kommen dabei nicht auf. „Es wäre auch komisch und irritierend, die Realität durchzulassen. Ich fühle mich innerhalb der Rolle immer wahnsinnig geschützt, und wenn es die Wahrheit der Figur ist, dann ist es ihre Wahrheit, und dann spielt es tatsächlich keine Rolle.“

Als ich ihr meinen Eindruck schildere, dass ich bei „Der Boden unter den Füßen“ das Gefühl hatte, dass von einer Frau immer mehr erwartet wird als von einem Mann, vor allem auch beim Kümmern um kranke Angehörige, meint Valerie: „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, aber das kann schon sein, da man einer Frau per se ein höheres soziales Bewusstsein zuordnet.“

Die Arbeit mit Marie Kreutzer sieht sie eigentlich als sehr unkompliziert. „Es war meine erste Zusammenarbeit mit Marie und wir verstanden uns blind und mussten nicht viel darüber reden. Ich hatte vielleicht die Unsicherheit, nicht zu streng oder zu unsympathisch wirken zu wollen. Aber sie bestärkte mich und war einverstanden, wie ich die Rolle für mich begriffen habe, und hat mich ziemlich frei machen lassen.“

Valerie Pachner, Pia Hierzegger und Marie Kreutzer bei der Premiere von "Der Boden unter den Füßen" in Wien im Urania Kino (Foto Andreas Tischler/Urania Kino)
Valerie Pachner, Pia Hierzegger und Marie Kreutzer bei der Premiere von „Der Boden unter den Füßen“ in Wien im Urania Kino (Foto Andreas Tischler/Urania Kino)

Sie lacht herzlich, als ich sie auf ihre Reisen anspreche und frage, ob sie eine ‚Wilde‘ war. „Hm, das kommt immer auf die Außenperspektive an, aber wahrscheinlich ja. Ich war oder bin eher umtriebig, bin gerne unterwegs und fühle mich wohler in freien als in streng geordneten Zusammenhängen.“ Auch politisch steht Valerie für Vielfalt und Freiheit ein.

In gewisser Weise sind Theater und Film Valerie passiert, wie sie etwas nachdenklich erzählt. „Ich bin ja in einem kleinen Dorf in Bad Schallerbach aufgewachsen, das war mir zu klein und zu eng. Schon als Teenager habe ich Theater gespielt, besuchte in Graz einen Schauspiel-Workshop. Aber mein Antrieb war damals nicht das Spielen, sondern ich wollte neue Menschen kennenlernen, etwas mit ihnen machen. Theater hat mich irgendwie interessiert, aber doch nicht so, dass ich auf die Schauspielschule wollte. Ich wollte erstmal die Welt sehen und ging nach Honduras. Dieses Jahr dort hat mich sehr bewegt und mir die Zusammenhänge in der Welt bewusst gemacht. Ich hatte danach das Bedürfnis, die Welt zu retten und studierte Internationale Entwicklung. Aber irgendwie hat mich das Spielen doch nicht losgelassen. Ich war gerade 21 Jahre alt und dachte, dass ich noch nicht zu alt für die Schauspielschule wäre – und ich wollte später nicht bereuen, es nicht probiert zu haben. Und sie haben mich genommen. Nach einem Jahr war ich mir dann sicher. Die Schauspielerei war war nie mein Kleinmädchentraum, aber jetzt liebe ich sie.“

Valerie Pachner in einer Filmszene „Der Boden unter den Füßen“ (Foto Juhani-Zebra)

Was ihren Beruf und die Kunst angeht, geht es Valerie um Freiheit. „Ich merke aber schon, dass ich mich wohler fühle in den Projekten mit gesellschaftlicher Relevanz. Das bin einfach ich und ich beschäftige mich gerne damit. Aber natürlich brauchen die Menschen auch Unterhaltungsfilme zur Entspannung, Unterhaltung ist ja etwas Positives, ist Freude. Und wenn diese Art von Unterhaltung Themen aufgreift, bei denen es auch darum geht, humoristische Werte zu vermitteln, wenn es um Diversität, um Freiheit und Nicht-Diskriminierung geht, finde ich es toll.“

Als ich Valerie als sehr freiheitsliebend und kommunikativ beschreibe, mit der man tiefgründige Gespräche führen aber auch viel Spaß haben kann, lacht sie und meint: „Das ist Dein Blick, aber ja.“

Mavie Hörbiger, Pia Hierzegger, Marie Kreutzer und Valerie Pachner bei der Berlinale - Berlin International Film Festival - Film "Der Boden unter den Füßen" (Foto Facebook "Der Boden unter den Füßen)
Mavie Hörbiger, Pia Hierzegger, Marie Kreutzer und Valerie Pachner bei der Berlinale – Berlin International Film Festival – Film „Der Boden unter den Füßen“ (Foto Facebook „Der Boden unter den Füßen)

Wenn Valerie mal nicht dreht, „bin ich gerne in der Welt unterwegs, oder verbringe Zeit mit meiner Familie und Freunden. Ich bin gerne mit Menschen zusammen, die mich gut kennen, mit denen ich tiefgehende Gespräche führen oder auch einfach nur rumziehen kann.“
Jetzt aber geht es für Valerie bald nach London, wo sie den neuen „Kingsman“-Film an der Seite von Ralph Fiennes drehen wird. „Darauf freu ich mich schon sehr.“

Valerie Pachner 
2018 „Radegund“ Verfilmung unter Kult-Regisseur Terrence Malick
2017 Der Boden unter den Füssen, Regie: Marie Kreutzer, Novotny &Novotny
2017  ÖSTERREICHISCHER FILMPREIS, Beste weibliche Hauptdarstellerin für EGON SCHIELE – TOD UND MÄDCHEN
ROMY Nachwuchspreis für Egon Schiele – Tod und Mädchen
2016 FÖRDERPREIS DER FREUNDE DES RESIDENZTHEATERS
BAYERISCHER KUNSTFÖRDERPREIS für Darstellende Kunst
2004 YOUKI, Beste schauspielerische Leistung für DRAWED UP  Film

 

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