Franz-Grabner-Preis 2023

Im Rahmen der Diagonale’23 in Graz wurde auch heuer wieder der Franz-Grabner-Preis vergeben. (Foto Miriam Raneburger)Im Rahmen der Diagonale’23 in Graz wurde auch  heuer wieder der Franz-Grabner-Preis in den Kategorien Kinodokumentarfilm und Fernsehdokumentarfilm verliehen. Der Preis wird von Familie Grabner, AAFP, ORF und der Diagonale im Andenken an den ORF-Journalisten Franz Grabner organisiert. Prämiert wird ein im ethischen und moralischen Sinne verantwortungsvoller und glaubwürdiger Umgang der Filmschaffenden mit ihrem Medium.

Die Festrede anlässlich der Preisverleihung im Grand Hôtel Wiesler, Salon Frühling, hielt der Journalist Köksal Baltaci (Die Presse).

Im Rahmen der Diagonale’23 in Graz wurde auch heuer wieder der Franz-Grabner-Preis vergeben. (Foto Miriam Raneburger)
Im Rahmen der Diagonale’23 in Graz wurde auch heuer wieder der Franz-Grabner-Preis vergeben. (Foto Miriam Raneburger)

Als bester Kinodokumentarfilm setzte sich LASS MICH FLIEGEN von Evelyne Faye (AT 2022) durch.
„Vier junge Erwachsene. Sie sind Tänzer*innen, Opernliebhaber*in, Poet*in, Aktivist*innen, Kellner*innen, Sportler*innen. Sie leben selbständig, alleine oder in Partnerschaft. Sie haben große Pläne für ihr Leben – Jobs, Heirat, Familie. Und sie haben das Down-Syndrom. Evelyn Faye erhielt von den Ärzt*innen nach der Geburt ihrer Tochter ebenfalls diese ‚Diagnose‘, erzählt sie eingangs und setzt eine Frage dagegen: ‚Was bedeutet sie für dein Streben nach Glück?‘ Wir sehen ihren Blick auf das fröhliche Kind, voller Zuversicht, dass diesem ein selbstbestimmtes Leben gelingen wird. Diese Hoffnung gründet überzeugend auf den einfühlsamen und gewitzten Porträts der vier Protagonist*innen. Das Down-Syndrom tritt in den Hintergrund der Erzählung. Wir sehen den Alltag, die Interessen, das Tun und Lassen, die Sorgen und Nöte von jungen Menschen – und wir sehen sie innerhalb einer Welt, in der ihre Besonderheit zur Normalität geworden ist. Im Interview auf der Website des Filmes sagt die Regisseurin, sie habe den Film als Liebesbrief an ihre Tochter gemacht, statt eines Tagebuchs, wie sie es den anderen Kindern zu deren Erwachsenwerden gewidmet hat. Doch neben der Liebe, an der er uns teilhaben lässt, macht der Brief seiner Empfängerin Mut auf ein Leben ohne Ängste und Zweifel, am Beispiel von Menschen, die das schon geschafft haben. Der Optimismus, der starke Wille zu einem selbstbewussten Leben überträgt sich auf die Zuschauer*innen – und beflügelt selbst jene, die nicht gegen Widerstände und Vorurteile ankämpfen müssen auf dem Weg zu sich selbst.“ Mit diesen Worten begründete die internationale Jury ihre Entscheidung.
 
Ebenfalls nominiert waren Zusammenleben von Thomas Fürhapter (AT 2021) und Der schönste Tag von Fabian Eder (AT 2021).

"Weg damit - Die Kunst der Entsorgung" von Karin Berghammer. Im Bild: Elisabeth von Samsonow in der Umladestation Krems / Donau. (Foto ORF/berg hammer film)
„Weg damit – Die Kunst der Entsorgung“ von Karin Berghammer. Im Bild: Elisabeth von Samsonow in der Umladestation Krems / Donau. (Foto ORF/berg hammer film)

Preisträger in der Kategorie Fernsehdokumentarfilm ist Weg Damit – Die Kunst der Entsorgung von Karin Berghammer (AT 2022).
„Alltagspraktische filmische Beobachtungen, verbunden mit Anregungen, Sachverhalte und übliche Abläufe neu zu sehen, anders zu bewerten. Philosophische Reflexionen über Dinge, die auf den ersten Blick banal erscheinen. Der Film überzeugt durch die immer wieder überraschende Verbindung von Gegensätzlichem, eine gute Kamera und eine schlüssige Dramaturgie. Der Film widmet sich dem Müll und seiner Entsorgung: in der Stadt wie auf dem Land. Die enormen Müllmengen werfen ökologische Fragen auf und sagen andererseits auch viel über die Menschen aus. Ein Protagonist des Films erzählt, dass ein Blick in die Mülltonne Intimes über die Besitzer*innen offenbart. Die Philosophin und Künstlerin Elisabeth von Samsonow folgt dem Weggeworfenen – dem, wie sie sagt ‚Exkrement der Gesellschaft‘ – zu seiner jeweils nächsten Bestimmung: vom Müllwagen in die Verladestation bis hin zur Kompost- und Kläranlage. Tiefgründig und humorvoll ordnet sie das Gesehene ein, erstaunt uns mit ihren Assoziationen und Interpretationen. ‚Man kann nichts wirklich loswerden, es bleibt alles da‘, mahnt Elisabeth von Samsonow. Ihre Gedanken klingen in uns nach.“ Das konstatierte die Jury in ihrer Begründung.
 
Weiters nominiert waren Visionen Bauen von Diego Breit Lira (AT 2022) sowie Wohnen um jeden Preis von Kim Kadlec (AT 2022).

Diagonale Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber. (Foto Miriam Raneburger)
Diagonale Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber. (Foto Miriam Raneburger)

Diagonale-Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber:
„2016, im ersten Jahr, in dem wir die Diagonale leiten durften, wurde der Franz-Grabner-Preis initiiert, um im Andenken an den Namensgeber den Stellenwert des österreichischen Kino- und Fernsehdokumentarfilms zu stärken. Franz Grabner trat zeitlebens für Qualitätsjournalismus und einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein, der politisch unabhängig arbeiten kann und künstlerischen Visionen, auch Experimenten den nötigen Raum einräumt. Ein Anspruch, der nach wie vor Gültigkeit hat und angesichts gegenwärtiger Debatten um die Zukunft des ORF mit vollem Selbstbewusstsein artikuliert werden sollte“, so die Diagonale-Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber.

„Unser Kollege Franz Grabner war Redakteur, Journalist und Visionär: Seine humanistische Haltung und seine Offenheit für Neues sind für uns bis heute Inspiration. Mit dem Preis wird sein Vermächtnis weitergeführt: Alle heuer nominierten und formal so unterschiedlichen Dokumentarfilme lösen diesen Anspruch ein. Sie sind gesellschaftlich relevant, klug erzählt und bleiben, wie Franz es so gerne formulierte, ‚beim Menschen‘. Ich gratuliere beiden wohlverdienten Preisträger*innenproduktionen sehr herzlich, aber natürlich freue ich mich ganz besonders darüber, dass mit Karin Berghammers Arbeit Weg Damit – Die Kunst der Entsorgung eine Koproduktion von berg hammer film mit der ORF TV-Kultur von der Jury ausgezeichnet wurde“, sagt die Ressortleiterin der ORF-TV-Kulturdokumentationen Sharon Nuni.

Im Rahmen der Diagonale'23 wurde der Franz Grabner-Preis verliehen: Bester Kinodokumentarfilm LASS MICH FLIEGEN, bester Fernsehdokumentarfilm ist Weg Damit – Die Kunst der Entsorgung. (Foto Miriam Raneburger)
Im Rahmen der Diagonale’23 wurde der Franz Grabner-Preis verliehen: Bester Kinodokumentarfilm LASS MICH FLIEGEN, bester Fernsehdokumentarfilm ist Weg Damit – Die Kunst der Entsorgung. (Foto Miriam Raneburger)

Der Preis wird von Familie Grabner, AAFP, ORF und der Diagonale im Andenken an den ORF-Journalisten Franz Grabner (1955–2015) organisiert. Prämiert wird ein im ethischen und moralischen Sinne verantwortungsvoller und glaubwürdiger Umgang der Filmschaffenden mit ihrem Medium. Das Preisgeld – gestiftet von AAFP und ORF – ist für die Entwicklung des Folgeprojektes der Preisträger*innen bestimmt.
 
Jury Franz-Grabner-Preis 2023: Matthias Elwardt (Geschäftsführer Zeise Kinos Hamburg, DE), Gudrun Hanke-El Ghomri (Redakteurin und ARTE-Koordinatorin SWR, DE), Paul Pauwels (Filmproduzent, BE) und Robert Stachel (Autor und Kabarettist, AT)
 
Der Franz-Grabner-Preis wurde am Donnerstag, dem 23. März, um 15 Uhr im Grand Hôtel Wiesler, Salon Frühling, im Rahmen eines Festaktes verliehen. Die Verleihung wurde vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Fernsehfonds Austria, Filmcommission Graz und dok.at unterstützt.
 
Großes Beitragsbild: „LASS MICH FLIEGEN“. (Foto Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion)

 

Share Button

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*